Eine Insel mit Destillen oder die große Überfahrt Folge 3 – Journey’s end am Rande der Welt
/Tastings mit lebenden Legenden. Weiter horizontaler Regen. Inbesitznahme unseres Landes. Niedliche Söckchen. Und eine Reise zu den Außenposten der Zivilisation. Das bietet der letzte Teil unseres Abenteuer-Tagebuchs, das uns bis in den Jurassic Park führt (naja, fast).
Wenn wir unser Ziel, alle hiesigen Brennereien mit einem Besuch zu beehren, erfüllen wollen, müssen wir uns langsam ein wenig sputen, zumal das Wetter zwischenzeitlich dann doch ein wenig besser geworden ist und uns bei Laphroiag teilweise strahlenden Sonnenschein beschert. Der oft als geschmackintensivste, sattsam bekannte Islay-Malt setzt werbewirksam auf die Tatsache, dass sich an ihm die Geister scheiden – auf dem Weg zum Shop sind zahlreiche Kacheln angebracht, auf denen wie wichtigsten Kundeneinschätzungen zu lesen sind, jeweils in der Landessprache. So etwa darf man dort lesen „Schmeckt wie einmal Kamin auslecken!“ – das mag jeder selbst beurteilen, wir begeben uns nach einem Besuch des wirklich sehenswerten kleinen Museums (inklusive ausführlicher Würdigung von Bessie Williamson, ihres Zeichens Mitte der 1950er Jahre erste Managerin einer Whisky-Brennerei überhaupt) in die fachmännische Hände von David. Seit 1974 ist dieses Original an Bord, knorrig und mit typisch schottischem Charme führt er durchs Programm und erzählt uns, 70% der Produktion gehen in single malt Abfüllungen, und der Barley komme per Schiff angefahren. Wir dürfen sogar – ungewöhnlich! – direkt in die Kiln hineinsteigen, wo die Gerste getrocknet wird.
Bei klarem Wetter kann man von der malerisch an der Küste gelegenen Brennerei Irland sehen – „if you cannot see Ireland, it rains – if you can see Ireland, it will rain very soon!“, kommentiert David launig das schottische Wetter-Drama. Kurios machen sich in unserem Trupp übrigens die – natürlich wieder teutonisch-ernst dräuenden – Mitgäste aus, die in vermeintlich traditionellen Kilts und Kappen umherstapfen – das ist ungefähr so stilecht wie die Australier mit ihren Stoff-Lederhosen auf der Wiesn. Aber nun ja, wir hatten das ja schon. Einiges hat sich geändert über die Jahre im Betrieb, teilt er seinen reichen Erfahrungsschatz, bis 1984 habe man als Mitarbeiter noch zwei drams pro Tag bekommen – mit sage und schreibe jeweils 63%, wohlgemerkt. Wir spazieren an einer Bildergalerie vorüber, auf der das illustre erste Mitglied des „Friends of Laphroaig“-Clubs zu sehen ist – niemand anders als „Ears“ Prince Charles ist es, der hier seiner ja durchaus bekannten Begeisterung für nachhaltige Landwirtschaft erneut kraftvoll Ausdruck verlieh und die Brennerei mehrfach besuchte. Die wooden tuns sind längst stainless steel gewichen, vor 25 Jahren habe man die ausgetauscht. Mit einer zusätzlichen wash still kommt man bei Laphroaig auf 4 wash und 3 spirit stills, wodurch die ganze Prozedur 45 Minuten dauert (zum Vergleich, bei Ardbeg läuft der Spirit in 12 Minuten durch). Wir dürfen wieder direkt den New Make kosten und wandern alsbald ins weltbekannte Dunnage Warehouse Number 1, wo sich David zunächst über die doch etwas kuriosen health & safety-regulations des japanischen Besitzers Beam Suntory amüsiert (Leuchtstreifen überall, früher gab es zwei matte Funzeln als Beleuchtung…), bevor er uns dann die Köstlichkeiten des „Distillers Wares“-Tasting ausschenkt. Los geht’s mit einem 12jährigen Quarter Cask von 2005, der mit 55% sehr fruchtig und süß daherkommt – kaum etwas von der beißenden Rauchnote, für die die Brennerei doch eigentlich bekannt ist. Der nun folgende 2006er Bourbon aus dem Warehouse 8 wirkt mit 58,4% vollkommen anders auf uns, mit erdiger Karamell-Note und pfeffrigem, langen Abgang. Sogar einzelne Fässer, so erzählt der wortreiche David, reifen sehr unterschiedlich, wodurch sich das Aroma von Fass zu Fass ändert. Jetzt kredenzt man uns einen 12jährigen Sherry, den man hier wohl als „sleeper“ bezeichnet – weil jeder nach dem Genuss etwas mit der Müdigkeit zu kämpfen habe, so die launige Erklärung. 5 Jahre Vorreifung und dann weitere 7 Jahre im Pedro Ximenez hogshead-Fass führen mit 54,8% zu einem sehr süßen, fruchtigen Erlebnis, das uns deutlich besser mundet als die PX-Edition, die wir anderweitig schon im Test hatten. Wir bedanken uns für die sehr freigebige Verköstigung, bei der man gerne auch einmal nachschenken darf, und zapfen uns per Valinch unsere Flasche der Brennerei-Abfüllung selbst – Jenna hat uns ja gezeigt, wie man das macht. Jetzt aber auf, um unseren Claim abzustecken: als Mitglieder der Friends of Laphroaig (Ehrensache!) dürfen wir alle unseren square foot of Islay in Besitz nehmen, mit einem Fähnchen versehen und unsere Miete in Form eines drams kassieren. Das gestaltet sich nicht unbedingt unproblematisch, da das nahegelegene Feld vollkommen überflutet ist, aber mit zackigen Wellington Boots (zu gut Deutsch Gummistiefel) und eindeutigen GPS-Navigations-Daten heißt es doch noch: X marks the spot. Wir pflanzen unsere Fähnlein auf und sind ab sofort echte Lord of the Isles. Ay, laddies!
Per Bus schwingen wir uns nun nach Ardbeg, das uns zwar mit wundervollem Sonnenschein und der mit Abstand idyllischsten Lage der Insel empfängt, aber bei der heutigen Tour leider keine Plätze mehr frei hat. Wir buchen kurzerhand für morgen und schauen wenigstens noch auf einen Abstecher bei der mitten im gleichnamigen Ort gelegenen Bowmore vorbei, wo wir nur kurz ins visitor centre und die maritim angehauchte Bar spazieren. Hübsch, nett, aber nicht spektakulär. Insofern nutzen wir den Abend für eine Ruhepause, immerhin ist morgen wieder große Attacke angesagt…
…und die beginnt bei Lagavulin, wo wir in einem schönen, getäfelten Raum der Dinge harren, die da kommen. Das sind in erster Linie einmal nicht enden wollende Massen von Schlachtenbummlern, die offenbar das gleiche Ziel haben wie wir: fast wie bei den Marx Brothers füllt sich der Raum, bis wirklich keiner mehr hineinpasst und wir fast 50 (!) Nasen zählen. Uns schwant schon eine unpersönliche Massenveranstaltung, wofür auch der sehr großzügige Stuhlkreis spricht, denn wir kurz darauf im warehouse vorfinden. Aber dann tritt mit Ian McArthur ein weiteres Szene-Original auf die Bühne, der es mühelos schafft, die Meute zu bändigen. Lauthals, in ordentlichster Feldwebel-Manier führt er durch die Szenerie, erlaubt sich dabei so manchen auch handgreiflichen Scherz mit den Anwesenden und trifft dabei aber immer genau den richtigen gebrüllten Ton. Das „Warehouse Cask Strengths“-Tasting beginnt gleich ordentlich mit einem Feis 2017, einer speziell für das alljährliche Islay-Festival gefertigen Abfüllung mit Reifung ins Fässern der Schwester-Brennerei Caol Ila, die 16 Jahre und eine Wein-Nachreifung mit sich bringt. Guter Auftakt, der nun mit einem „baby Lagavulin“ fortgeführt wird – einem erst 5 Jahre alten, fast durchsichtigen Vertreter, den ein Mitstreiter unserer Reisegruppe mit seinen 61,6% als Taufe ordentlich in die Haare bekommt. 13 Jahre ruhte der nun folgende Lagavulin, einige davon im Bodega Sherry Butt, und auch bei diesem müssen einige Angereiste wieder Scherze über sich ergehen lassen (wie etwa der hoffnungslose Versuch, einen valinch zu nutzen), aber das tun wir gerne, nicht zuletzt weil Ian, der seit 47 Jahren hier arbeitet, nun seine Assistentin Carmen vorstellt. Ein 19jähriger von 1998 tritt uns dann mit 52,4% entgegen, worauf sich ein echtes Highlight anschließt: jetzt steht eine 24jährige Ausgabe von 1993 auf dem Programm, für die im local pub 80-100 Pfund hinzublättern wären – pro dram, versteht sich. Den würdigen Abschluss machen wir dann mit einer 35jährigen Ausgabe, die uns mit schöner Wein-Note und 53,5% mild und komplex tief beeindruckt. Wie man denn bei Lagavulin auf die 16 Jahre als Standard-Abfüllung komme, wollen wir wissen, und Ian ist um die Antwort nicht scheu: den 12jährigen wollte keiner, „it was not a big seller“ – na, wenn das mal kein schlagender Grund ist. Wir empfehlen uns und wandern nun auf dem wunderhübschen three distilleries path entlang einiger Weiden und Bächlein den kurzen Weg hinauf zu Ardbeg, wo wir heute aber definitiv im Geschäft sind. In Empfang genommen werden wir erst von der schönen Schrift „Rest and be thankful, for you have arrived“ und dann von einen wunderlichen Wesen namens Wee Emma – der Name ist in der Tat Programm, „and we have another Emma, but she does not like to be called big“.
Nun, wer möchte das schon. Die kleine Emma erzählt uns fröhlich ungefähr acht Mal, dass sie verheiratet ist, wir werden am Ende dazu noch mehr erfahren. Jetzt hören wir erst ein wenig zur wechselhaften Geschichte der Brennerei, die mit Schließung, Wiederöffnung, Produktion für Blends und anderen Unwägbarkeiten die typische Bandbreite einer solchen Historie bietet (wobei man hier sogar einen Buchstaben verloren hat, das „r“ in Ardberg hat man wohl irgendwann meistbietend veräußert). 1997 schließlich kaufte sich niemand anders als Glenmorangie für 7 Millionen Pfund ein und brachte schon 2001 ein echtes Wagnis auf den Markt: einen erst 3 Jahre alten Malt, der als „very young“ zwar ein Experiment, aber auch gleich ein durchschlagender, bald ausverkaufter Erfolg war. Über die Jahre ritt man auf dieser Welle, schob noch einen „still young“ und 2004 schließlich einen „almost there“ nach, bevor man 2008 endlich den ersten Zehnjährigen abfüllen konnte. Von ehedem 60 arbeiten noch 16 Leute hier, man arbeitet noch mit Holz washbacks, aber auch Computern, quasi eine Kombination aus Tradition und Moderne - mit nur einer wash still und einer spirit still rangiert man eher in der Boutique-Größe. Der New Make mit 63% kommt uns äußerst fruchtig vor, bevor wir uns beim Arbig (sic)-Tasting zunächst einmal mit einem 10jährigen cask strength aus einem first fill Bourbon-Fass beschäftigen, der mit 57,6% sehr kremig, mit Gewürzen und Vanilletönen aufwartet. Wir finden den Kollegen allerdings eher scharf und jetzt nicht unbedingt ganz oben auf der Liste. Der nächste Geselle aus toasted oak-Fässern - 11 Jahre, 52,2% - mundet uns da schon besser, mit viel Karamell und Eichen-Noten. Nun packt die kleine Emma sowohl proben- als auch sprachtechnisch ihr ganze Kunstfertigkeit aus, wir kommen in den Genuss einer 12jährigen Sherry-Nachreifung aus Fässern, die die kleine Dame beherzt mehrfach als „Olorrrrrossso“ bezeichnet. Wir notieren das amüsiert und können den Ausführungen nur noch bedingt folgen, da Emma in der Folge so oft „Olorrrrosssso“ sagt, dass wir zur festen Überzeugung gelangen, sie habe das ganze vergangene Jahr lang einen Herrn namens Oloroso geheiratet. Als Begleitung dazu gibt es nun dunkle Schokolade (auf uns kann man hier zählen, auch wenn keine Nüsse drin sind), das scheint ja durchaus eine Mode, kann man mal probieren, muss es aber nicht. Als letzte Runde gibt es nun noch einen 14jährige Manzanilla Sherry Reifung (leider nicht Olorrosso) mit 51,2% zu bestaunen, die mit einer charakteristisch-trockenen Note ihren Weg in die Ardbog-Ausgabe findet (man scheint hier nicht müde zu werden, Varianten mit der Vorsilbe Ard zu ersinnen) und uns hier mit Muscheln als Begleitung kredenzt wird. Die abenteuerlustigen Seelen, die das probieren, berichten von guter Harmonie. Wir glauben das einmal. Aus einer überdimensionierten Flasche, die fast größer ist als sie selbst, schenkt uns Emma nun eben jenen Ardbog aus, eine der alljährlichen Special Releases, die uns trotz 52,1% irgendwie dünn vorkommt. Auch nicht die Butter vom Brot zieht der Galileo – mag sein, dass man eine Probe ins Weltall geschossen hat, begeistern kann uns dieser Herr mit 49% trocken und rau eher weniger. Auf unsere Ergänzung, das sei ja wie bei „Space: 1999“, ernten wir nur Erstaunen – wee Emma ist wohl in der Tat zu jung, um diese klassische Science Fiction Serie aus England, die bei uns als „Mondbasis Alpha 1“ eine ganze Generation von Airfix-Modellbauern prägte, zu kennen. Tatsache ist – im Hause Ardbeg beherrscht man die Kunst, auch nicht ganz optimale Tropfen werbewirksam zu verpacken, was man hier „telling a good story“ nennt und andernorts einfach unter gutem Marketing läuft. Dazu gehört auch, dass man in diesem warehouse nicht fotografieren darf – Feuergefahr, jaja -, weshalb die Testobjekte nun draußen auf einem Fass aufdrapiert werden. Foto opp! Dabei plaudern wir noch weiter mit Emma, stellen fest, dass man bei Ardbeg sogar mit dem Markenlogo versehene Schuhe ausreicht, aber Emma geht noch weiter und entblößt sich fröhlich für uns – natürlich nur ihre Wuschelsöckchen, vermutlich Restanten von der monatelangen Ehelichung des Herrn Olorrossso. Wir verabschieden uns einstweilen und stellen fest, dass sich die Rückreise etwas schwieriger gestaltet. Der Bus ist um eine halbe Stunde knapp verpasst, die wenigen Taxifahrer tummeln sich am anderen Ende der Insel – „just go hitch hiking!“, empfiehlt man uns fröhlich, „someone will stop!“ Wir marschieren also tatsächlich los, natürlich beginnt es langsam zu regnen, aber von den Kleinlastern, die vorbeirasen, stoppt entgegen der Prognose niemand. Erst als wir bei Lagavulin vorbeikommen, lacht uns das Glück: eine junge Dame verlässt gerade das Büro und sammelt die versprengten Gesellen doch tatsächlich auf. Wir versichern ihr 58 Mal „you are a lifesaver!“, da es mittlerweile in Strömen gießt, und statten dem Islay Hotel (inklusive Loo of the Year, den wir über die Tage sehr zu schätzen wissen) noch einen Besuch ab, der in einem legendären Epos endet – was allerdings nicht hierher gehört, da die Ereignisse schlicht und ergreifend zu schnell für jede Kamera waren. Aber definitiv roggenroll.
Vielleicht auch aus diesem Grund gestalten wir den nächsten Tag vollkommen anders: wir fahren nach einem kurzen Abstecher zum beeindruckenden Kildalton High Cross – einem der ältesten gut erhaltenen Rundkreuze Großbritanniens - per Auto ans andere Ende der Insel zu Bunnahabhain. Auf dem Weg kommen wir zunächst an der Baustelle vorbei, an der gerade Ardnahoe entsteht, eine neue Brennerei, die 2018 ihre Tore öffnen soll. Für dieses Projekt ist es dem unabhängigen Abfüller Hunter Laing gelungen, das durchaus legendäre Urgestein Jim McEwan aus dem Ruhestand zu holen, der schon bei Bowmore glänzte und danach maßgeblich zum Wiederaufstieg von Bruichladdich beitrug. Ein Visitor Centre und einen Shop gibt es schon in Bridgend – man darf gespannt sein. Auf unwegsamen Sträßchen, bei denen man sich wundert, wie denn hier auch nur ein Lastwagen passieren soll, gelangen wir schließlich nach Bunnahabhain, wo uns mehr oder weniger eine Geisterstadt erwartet: die umliegenden Häuser, vormals Wohnungen der Arbeiter, stehen verlassen da, die ganze Brennerei atmet den Hauch eines Baus aus dem 19. Jahrhundert, den man aus Nostalgie stehen lässt, obwohl eigentlich nicht mehr viel zu holen ist. Statt der durchaus emsigen Betriebsamkeit, die wir andernorts erleben, herrscht hier eine doch eher, sagen wir mal ruhige Atmosphäre. Der Shop ist nett gemacht, wir erstehen auch ein exklusives Tröpfchen, aber ansonsten ist hier nicht viel zu gewinnen oder zu sehen. Dem Vernehmen nach möchte man demnächst investieren, sobald um die Ecke Ardnahoe fertig gestellt ist, und das Ganze wieder flott machen – das steht zu hoffen. Deutlich aufgeräumter schaut es bei Caol Ila aus, wo wir gleich danach auch vorbeikommen. Sehr idyllisch gelegen kommt diese Brennerei daher - und das still house ist mit großen Scheiben auch von außen gut einsehbar. Eine davon ist derzeit demontiert, und auf Nachfrage erfahren wir, dass man eine neue Brennblase bekommen hat, die per Schiff angeliefert und direkt durch die Fensterfront hineingehievt wurde. Impressive!
Weil wir nun in der Tat alle acht Islay-Brennereien besucht haben und ohnehin schon nahe am Fährhafen sind, entschließen wir uns spontan, doch noch auf die Nachbarinsel überzusetzen: über den Sound of Jura führt eine kurze Fahrt auf einem Kahn, der bei uns bestenfalls den Rhein überqueren dürfte, zur Isle of Jura. Wie denn die Straßenverhältnisse da drüben seien, erkundigen wir uns. „The road, oh, the road should be pretty good for the first half”, erfahren wir, und so ist es auch: exakt eine Straße windet sich um diese Insel, der man mit dünn besiedelt noch eine übertriebene Bezeichnung angedeihen lässt (196 Einwohner, 5.500 Rothirsche). Kein Wunder, dass ein gewisser George Orwell sich Ende der 40er Jahre hierhin zurückzog, um in aller Ruhe seinen antiutopischen Klassiker „1984“ zu Papier zu bringen – denn Abgeschiedenheit war schon damals garantiert. Außer in der Haupt“stadt“ Craighouse findet man noch nicht mal versprengte Ansiedlungen – bis wir auch hier wieder an einer Großbaustelle vorbeikommen, wo, so teilt man uns auf Nachfrage mit, ein australischer Milliardär einen Golfplatz baut. „Precisely what we need here“, so die süffisant-schottische Würdigung des Vorhabens. Wir gelangen irgendwann dann doch tatsächlich nach Craighouse, wo die Isle of Jura-Brennerei ebenso wenig zu übersehen ist wie das überraschend großzügige und noble Jura Hotel. Wir besuchen natürlich den Shop, plaudern und probieren ein wenig und ziehen dann wieder von dannen. Immerhin geht die Fähre nicht allzu oft, und hier festzusitzen, wäre des Abenteuers dann doch zu viel.
Vollgepackt mit Eindrücken und Mitbringseln, die unser Gepäck gefährlich nahe an die vorgeschriebene Höchstgrenze treiben, machen wir uns tags darauf dann auf den Heimweg, der mit Auto, Fähre, Auto, Flug und Auto so ziemlich alle Verkehrsmittel beinhaltet, die man sich vorstellen kann, und so lange dauert wie ein Flug nach Neuseeland. Am Stadtrand von Glasgow statten wir dann natürlich auch noch Auchentoshan eine kurze Visite ab. Hier platziert man sich ganz bewusst gegen die in der Regel ja abgelegenen Brennereien in den Highlands oder auf den Inseln als urbanes Kind der industriellen Revolution. Wir wandern ein wenig übers Gelände und nehmen selbstredend eine der exklusiven Brennerei-Abfüllungen mit, bevor wir endgültig gen Heimat steuern. Angesichts dessen, was wir auf diesem Ausflug alles erleben konnten, hat sich der weite Weg zu Lande, zu Wasser und in der Luft allemal gelohnt. Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit und sagen bereites heute eine Fortsetzung zu.