Köstlichkeiten, gut aufgewärmt: wir machen den Hitzetest beim Q2-Tasting
/Whisky ist nur ein Getränk für stürmische Regentage an der schottischen Küste. Möchte man meinen. Wenn aber halt nun einmal Tag des deutschen Whiskys ist und draußen tropisches Klima herrscht, starten wir unsere Testreihe eben doch.
Der Wanderpokal stand dieses Mal wieder im nordbayrisch-südhessischen Grenzgebiet, was die bajuwarische Abordnung selbstverständlich nicht an der Teilnahme hinderte, erweitert um die mittlerweile auch familiär angeschlossene Gasttrinkerin, so dass der Ausfall eines anderen Schlachtenbummlers per saldo nicht weiter ins Gewicht fiel. Aus den mitgeführten Preziosen stellte man gewohnt behende die Versuchsanordnung zusammen, die wir zu Ehren des Tages des deutschen Brands natürlich mit der St. Kilian Signature Edition „One“ beginnen – der ersten Ausgabe der Brennerei in Rüdenau, die in der Szene mit diversen Vorab-Ausgaben für Furore sorgte und nach drei Jahren Lagerung nun den ersten Brand vorstellen kann, der sich Whisky nennen darf. Die Fassreifung alleine verspricht schon vieles: anders als in Schottland zulässig bedient man sich hier nämlich auch Kastanienholz, in der hier vorliegenden Ausgabe kombiniert mit den Klassikern ex-Bourbon, Rum und PX-Sherry. Im Ergebnis steigt der deutsche Kollege fruchtig in die Nase, mit Noten von Birnen und den omnipräsenten Sahnebonbons. Aus der durchaus ausführlichen Legende, die der Gastgeber bereitstellt und wiederholt zum Studium anmahnt (immerhin gilt auch hier: wenn die Legende besser ist als die Wahrheit, dann drucken wir eben die Legende), entnehmen wir, dass man im Hause St. Kilian natürlich nicht kühl filtert oder gar färbt.
Auch die Flasche selbst ist mit kleinem Eingriff zum besseren Ausschank durchaus klug gemacht – aber jetzt versuchen wir das doch einfach mal und stellen fest, dass es sich durchaus lohnt, Brennblasen eigens in Schottland fertigen zu lassen. Im Gegensatz zu fast allen deutschen Fabrikaten ist der St. Kilian auf dem Weg zu einem echten Whisky: weich und fruchtig kommt er daher, mit Sahne- und Karamellnoten. Seine Jugend merkt man ihm natürlich an (das gilt ja auch für uns), aber wir sind uns einig: dieser Geselle hat mit ein wenig mehr Lagerung massiv Potenzial. Guter Auftakt und ein würdiger Beitrag zum deutschen Jubeltag. Weil man auf einem Bein eher hüpfend steht, schließen wir gleich noch einen heimischen Vertreter an, der schon länger unterwegs ist als der Neuling aus Rüdenau: ganze 12 Jahre lagerte der nun zu bewundernde Slyrs, fabriziert bekanntlich am Schliersee, wo jede neue Edition des Tropfens ja durchaus zu Käuferanstürmen führt. So richtig überzeugen konnte uns der Kollege noch nie, aber heute punktet schon alleine die formidable Verpackung: in einer feschen Holzbox kommt er daher, die - so stellt das der Schreinermeister unter uns selbstbewusst fest – aus einem Block gefräst ist. Das wird schnell zum running gag, aber noch wichtiger ist vielleicht, dass diese Slyrs-Variante durchaus zu gefallen weiß. Mit Noten von Früchten und Karamell steigt er in die Nase, steht trotz mangelnder Färbung schön satt im Glas und entfaltet mit 43% ein durchaus angenehmes Aroma, das – so muss sich der Holzkundige das natürlich anhören – wie aus einem Block ist: Orange, Früchte und Karamell finden sich und klingen weich und seidig nach Eiche schmeckend aus. Wir sind durchaus angetan und notieren, dass wir dieser Brennerei, zu der wir ja wahrlich keine große Wegstrecke in Kauf nehmen müssten, endlich einmal einen Besuch abstatten sollten.
Nun machen wir uns dann aber doch endgültig auf ins Mutterland des Lebenswassers (wobei das die Iren ja auch gerne für sich reklamieren): der Bladnoch 10 liefert ein Beispiel für den Neustart der Brennerei, die im Besitz des australischen Privatunternehmers David Prior unter der Ägide von Ex-Master Distiller Ian MacMillan aus der Mottenkiste sprang. Diese Abfüllung von Fässern der Jahre 2007 und 2008 erscheint rechtzeitig zum 200jährigen Bestehen der Brennerei und erweist sich als durchaus typischer Lowland, der im Geruch mit Noten von Gras und Eiche noch nicht ganz zu überzeugen vermag. Riecht nicht schön, schmeckt aber umso besser: die 46,7% stehen gut in der wuchtigen Flasche und anschließend im Glas, man verzichtet auf Farbe und Kühlfilterung, sondern setzt lieber auf Aromen von Beeren, Kokosnuss (gut für Ritter), Ingwer und natürlich Eiche. Die typischen floralen, zitrus-artigen Noten, die wir von Artgenossen wie Glenkinchie bestens kennen, schauen ebenfalls um die Ecke. Sehr ordentlich, das gefällt und weist uns in jedem Fall den richtigen Weg.
Nun schließt sich die obligatorische Pause an, in der wie gewohnt diverse handfeste Spezialitäten gereicht werden, die heute nicht selten apart mit exotischem Gewürz verfeinert sind. Wir freuen uns auf die Folgen, stellen mit ein wenig stillem Wasser unsere Geschmacksfähigkeit wieder her und wenden uns nun Teil 2 mit den komplexeren Gesellen zu. Da tritt uns gleich einmal ein wunderbarer Loch Lomond 18 entgegen, den wir selbstverständlich mit allfälligem Gesang begrüßen („you take the high road“, man kennt das ja) – ganz wunderbare Kathedralenfenster entfaltet er, die uns selbstverständlich an italienische Filmdiven erinnern, aber vor allem riecht der Herr ganz wunderbar nach Apfel, süßer Eiche und nach der hierzulande noch kaum bekannten Kreppfrucht. Im Geschmack begeistert uns dieser Vertreter mit schönen 46% mit einer hervorragenden Balance von Eiche, Früchten und ganz leichten Rauchnoten. Wir sind entzückt, hören gerne ein paar nutzlose, aber spannende Informationen (die Brennerei ist die einzige, die einen single blend herstellen kann – so groß ist die Produktion von Industrie- und Single Malt aus dem gleichen Hause) und freuen uns über einen Abgang, in dem man sogar Tee und Tabak erspähen kann.
Auch wenn wir nicht rauchen. Geht trotzdem. Wir gehen weiter im Takt zu einem alterslosen Connemara, den wir mal als anständigen Einsteiger bezeichnen wollen: der Ire kommt sowohl preislich als auch stärkemäßig eher am unteren Level daher (40% stehen auf der Uhr) und wirkt auch in der Nase unprätentiös: unkanting, leicht, malzig, mit Heidekraut macht er seinen Auftritt. Auch geschmacklich wird diese Variante sicherlich keine Kontroversen auslösen: sehr seidig, süß, konsensorientiert und gefärbt ist er. Gefällig sagt der eine, nichtssagend der andere – einer für alle, aber kein Highlight. Ein solches, wenn nicht sogar DAS, wartet allerdings jetzt auf uns. In Gestalt des Ballechin 10 tritt uns eine Erinnerung an unseren Besuch bei Edradour entgegen, bei dem uns der legendäre Magier John wie weiland in der Sesamstraße eine 8 verkaufte, mehrfach versicherte, dass alles gut sei, wenn man nur Whisky trinke und überhaupt, dass heute der schönste Tag in unserem Leben stattfinde. Das nahmen wir letztes Jahr alles begeistert zur Kenntnis, und auch auf einem durchaus wichtigen Ereignis familiärer Art avancierte der Ballechin als Teil der mobilen Bar zum unverzichtbaren Begleiter. Somit durchaus vorbelastet, überzeugt die rauchige Expression aus der (nicht mehr) kleinsten Brennerei Schottlands heute auf ganzer Linie: wunderbar die Noten von dunklen Früchten, gefolgt von zartem Karamell und Vanille im Geschmack, in dem sich die teilweise Lagerung in Ex-Sherryfässern durchaus bemerkbar macht. Mit 46% durchaus angenehm, steht er natürlich ungefärbt im Glas und entfaltet einen sehr langen, zauberhaftigen Abgang mit Torfrauch-Aromen. Wir sind erneut begeistert, konstatieren gerne den Tagessieger und wiederholen mehrfach Johns Versicherung „everthing is going to be alright“ – was es irgendwie ja auch sein wird. Die Nachlese besteht dann wie stets in einem kleinen Best Of, in dem der Ballechin mehrfach nochmals gewürdigt wird. Wir verabschieden uns einstweilen aus der Hitzeschlacht und freuen uns jetzt schon auf die Herbst-Ausgabe bei hoffentlich etwas verträglicheren Temperaturen.