Jo-Ho! And a bottle of Rum - Part 2

Heute haben wir wieder mal einen kleinen Tastingbericht unseres rasenden Gastreporters und Wackenveteranen Kai am Start. Viel Spaß damit ;-)  

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Wie schon im letzten Jahr nutze ich das weihnachtliche Familientreffen erneut für eine kleine und besinnliche Verkostungsrunde. Wenn es draußen so richtig grau und grausig ist, dann ist ein karibischer Rum doch die erste Wahl, um etwas wohlige, süße Wärme durch den Körper ziehen zu lassen!
Den Vorsatz aus 2016 beherzigen wir in der diesjährigen Runde – der direkte Vergleich einiger ausgewählter Amphoren wird dieses Mal als Blind Tasting vollzogen. Zum Glück hat sich in unseren Reihen eine Freiwillige gefunden, die den Teilnehmern die anonymen Destillate reicht. Fünf Personen nehmen an der Verkostung Teil und vergeben maximal sechs Sterne als Höchstpunktzahl für die einzelnen Proben. Während wir die Farbe der jeweiligen Probe eher der Ordnung halber notieren, spielen für die Punktevergabe natürlich Aroma, vor allem aber der Geschmack die ausschlaggebende Rolle. Hierzu werden von einem Protokollführer alle Feststellungen (und Zwischenrufe) aus dem Kreis der um Professionalität bemühten Probanden gewissenhaft notiert. Des großen Rätsels Auflösung, also die Enthüllung der einzelnen Rums, erfolgt erst ganz am Ende. 
Soviel vorab: unter die fünf Auserwählten Flaschen hat sich auch ein Tropfen geschlichen, den wir im letzten Jahr schon auf dem Prüfstand hatten.


Probe 1


Dieser Rum fällt zunächst durch seine ungewöhnlich helle, goldbraune Farbe auf, während er in der Nase außer den üblichen, süßen Rum-Aromen noch keinen besonderen Eindruck hinterlassen kann. Bei der Verkostung folgt auf eine leichte Süße dann schnell eine spürbare Würze. Der Tropfen ist trocken, leicht fruchtig (Sherry wird wahrgenommen), aber leider auch mit einer unangenehm sprittigen Note ausgestattet, die in der Runde der Verkoster so gar nicht gerne gesehen ist. Daher werden auch nur zwei und drei Punkte vergeben, was am Ende zu einer Durchschnittsnote von 2,6 führt. 


Probe 2


Das folgende Muster schimmert in einem kräftigen Dunkelbraun. Das Aroma ist leicht und mild und weckt Erinnerung an Melasse, Honig und Karamell. Ebenso erweisen sich auch die Eindrücke, welche dieser deutlich feinere Rum auf der Zunge hinterlässt: mild und weich werden die beim Nosing ermittelten Noten von Melasse und Karamell bestätigt. Der selbsternannte Rum-Spezialist am Kopf der Tafel stellt mit sicherer Überzeugung fest: Dieser Rum ist im Solera-Verfahren gereift! Wir erinnern uns: dieses Reifeverfahren wird neben Sherry, Brandy und anderen Spirituosen eben auch bei der Rum-Herstellung angewandt. Dabei werden unterschiedlich alte Rumfässer mindestens vierreihig pyramidal gestapelt, wobei sich in der untersten Lage die ältesten Rums befinden. Aus diesen Fässern wird ein meist eher kleiner Anteil in die Fässer der darüber liegenden Reihe mit jüngeren Rums gegeben. Dieses Prozedere wird schließlich von Reihe zu Reihe fortgesetzt, bis der Brennmeister am Ende eine Mischung aus unterschiedlich alten Destillaten erreicht. Die älteste enthaltene Komponente verleiht dann dem fertigen Rum die Altersangabe auf dem Etikett. Also genau anders, als beispielsweise bei einem Whisky. Wenn hier 12 Jahre als Altersangabe auf dem Etikett stehen, dann darf keines der für diese Abfüllung verwendeten Fässer jünger sein als eben zwölf Jahre. Nach diesem kleinen Exkurs zurück zum Tasting und zur Punktevergabe. Bei Kandidat 2 sind sich alle Probanden einig und vergeben im Kollektiv 5 Sterne!


Probe 3


Dieser Bursche beeindruckt schon einmal rein optisch durch seine extrem dunkle, ja fast schon schwärzliche Farbe. Im Aroma zeigt sich neben den typischen Rumtönen eine leichte Fruchtigkeit. Außerdem kitzelt das Destillat ein wenig in der Nase. Beim Schlürfen und Schwenken im Rachen zeigt Nummer 3 einen schweren, wuchtigen Körper und erweist sich als durchaus komplex. Neben süßsauren Fruchtnoten erkennen die Teilnehmer auch Schokolade und Vanille. Geschmackssache, wie sich bei der Punktevergabe herausstellen soll. Zweimal drei Punkte, einmal vier und zweimal fünf führen zu einem Schnitt von 4,0.

Probe 4

Erwartungsgemäß begrüßt uns das nächste Destillat mit deutlich hellerer Bernsteinfarbe als der finstere Geselle zuvor. Neben den Rum-typischen Zuckerrohr-Aromen steigen bei dieser Probe sogleich alkoholische Dünste wie von einem Spiritus in die Nüstern. Im Geschmack ist die Probe kräftig, würzig, der Alkoholgehalt kommt stark zum Tragen. Eine Assoziation mit Brandy wird hervorgerufen und der Experte am Kopf der Tafel ist sich in Erinnerung an die letztjährige Verkostung, wo der kubanische Havanna Club nicht unbedingt die besten Eindrücke hinterlassen konnte, sicher: dieser Rum kommt ganz bestimmt aus Kuba!
Letzten Endes kann der Kandidat nicht wirklich überzeugen und landet im Schnitt dort, wo auch schon Probe 1 liegen geblieben ist, nämlich bei 2,6. Ein wenig gedulden müssen wir uns aber noch, ehe wir erfahren, ob die Vermutung bezüglich der Herkunft dieses Rums nun zutrifft oder nicht. Auf dem Plan steht noch eine letzte Probe!

Probe 5:

Rein farblich ist dieser Rum von der vorgehenden Probe im Grunde kaum zu unterscheiden, dafür sind sich schon beim Nosing die Probanden einig: das hier riecht nach Karamell pur! Auf der Zunge präsentiert sich der Tropfen dann sehr süß, sirup-artig, mild und leicht fruchtig. Der feine Geschmack nach Karamell und braunem Zucker kommt in unserer Runde ausgesprochen gut an und führt zu einem Gesamtschnitt von 5,0 Punkte, also Kopf an Kopf mit Probe 3. Wobei: hier wurden tatsächlich einmal 6 Sterne vergeben und einmal nur vier.

Auflösung:


Probe 1:  SIR FRANCIS DRAKE, Panama, 40 Vol-%, 6 Jahre
Dieses Probefläschchen war Teil einer kleinen Rum-Kollektion, die wir vor kurzem im hiesigen Discounter erworben haben.

Probe 2: RON ZACAPA, Guatemala, 40 Vol-%, 23 Jahre
Diesen Rum haben wir schon im letzten Jahr verkostet. Ein Premium-Destillat, das tatsächlich im Solera-Verfahren gereift wurde, unter Liebhabern einen sehr guten Ruf genießt und als „Super Premium“ Rum schon stapelweise Preise eingeheimst hat. 

Probe 3: EL RON PROHIBIDO, Mexiko, 40 Vol-%, 12 Jahre
Die urig gestaltete Flasche trägt auf dem Rück-Etikett eine interessante Anekdote, die kurz zusammen gefasst sei: Die spanischen Eroberer brachten um 1700 mit ihren Schiffen in Eichenfässern gelagerten Süßwein mit in die Neue Welt. Dort wurden die leergetrunkenen Fässer mit Rum aus Mexiko befüllt und über Havanna zurück in die Heimat verschifft. In Spanien kam dieser Rum dermaßen gut an, dass sich die hiesigen Spirituosen-Hersteller im Absatz ihrer eigenen Produkte ernsthaft bedroht sahen. Daraufhin wurde die Einfuhr des süffigen Rums kurzer Hand vom König selbst untersagt – so zumindest die Legende – was dem Getränk den Namen Ron Prohibido – der verbotene Rum – einbrachte.

Probe 4: APPLETON ESTATE, Jamaika, 43 Vol-%, 12 Jahre
Also doch kein Kubaner! Dafür der Rum mit dem höchsten Alkoholgehalt an diesem Abend! Eine Eigenschaft, die sich aus Sicht unserer Runde leider eher negativ auf den Geschmack ausgewirkt. Aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Tatsächlich hat auch der Appleton Estate schon einige Preise als Premium-Rum gewonnen!

Probe 5: RON CUBANEY, Dominikanische Republik, 38 Vol-%, 15 Jahre
Ein weiterer im Solera-Verfahren gereifter Rum, der sich nun also ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit RON ZACAPA liefert und am Ende doch die Nase vorne hat, wenn man nämlich eine Disziplin heranzieht, die bei einem Blind Tasting erst einmal keine Rolle spielen kann. Die Rede ist hier vom Preis-Leistungs-Verhältnis, wo der RON CUBANEY 15 bei hervorragender Qualität noch einmal richtig Punkte sammeln kann. Schließlich kostet er gerade einmal halb so viel wie der ZACAPA, was natürlich auch ein wenig auf den grenzwertig niedrigen Alkoholgehalt zurückgeführt werden kann! Den CUBANEY gibt es übrigens in unterschiedlichen Abfüllungen, von denen Andreas Schwarz in seinem Buch „Premium Rum“ behauptet, dass die Qualität mit steigender Altersangabe auch stetig. zunimmt. Grund genug, bei nächster Gelegenheit die Abfüllungen mit 21 und 25 Jahre alten Anteilen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Sieger des heutigen Abends steht also fest. Und was ist das Fazit der weihnachtlichen Trinkrunde?
Nun, zum einen entpuppt sich so ein Blind Tasting als amüsantes Gesellschaftsspiel für Erwachsene, das mit steigender Probenzahl natürlich immer lustiger wird. Zum anderen haben wir gelernt, dass Qualität einfach seinen Preis hat, dass es aber immer auch sehr preiswerte Schnäppchen zu finden gibt, die der Oberliga durchaus den Rang ablaufen können.
Dies untermauert schließlich auch der (DIPLOMATICO) BOTUCAL RESERVA, den wir letztes Jahr zu einem unserer beiden Favoriten erklärt haben und nun noch einmal zum abschließenden Vergleich heran ziehen. Etwas teurer als der CUBANEY, aber deutlich günstiger als der ZACAPA 23 ist dieser venezuelische Tropfen in der ansprechenden grünen Flasche einfach ein Genuss und kassiert mit seiner deutlichen Vanille-Note, seinem runden und leicht würzigen Körper satte 5,8 Punkte Durchschnittbewertung. Quasi das perfekte Weihnachtsgeschenk für alle, die sich jetzt schon überlegen, was sie ihren Lieben im nächsten Jahr unter den Baum legen sollen.