Gitarren mit Strom, Hörnchen und wallende Roben: Battle Beast und Arion im Backstage

03.05.2019
Backstage München

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Mit neuer, nicht ganz unumstrittener Scheibe ziehen die phänomenalen Battle Beast wieder durch die Lande. Da ist die Vorrede eigentlich kurz: wir sind dabei und prüfen, ob sie den Gitarrenstromstecker finden. Vorab: sie fanden ihn!

Schon bei den ersten vorab veröffentlichten Songs des neuen Werks „No more Hollywood endings“ (knorker Titel, im Übrigen) dräute Kulturkritiker Sebbo: „Die haben dieses Mal die Gitarren daheim gelassen!“ Stimmt, in einer durchaus kuriosen Vorgehensweise hauen uns die finnischen Shooting Stars wie immer gekonnt melodische Kompositionen um die Ohren, die allerdings wirken, als ob die Saitenbieger Juuso Soinio und Joona Björkroth ihre Stromrechnung nicht bezahlt hätten. Ob man hier schlicht auf den Massenmarkt schielt, sei mal dahingestellt, wir lassen uns in jedem Fall nicht verdrießen und reisen frohgemut ins wie immer gastliche Backstage. Allerdings nur in Teilen, da Haus- und Hof-Konterfei-Anfertiger Sebbo verhindert ist, weshalb wir auch die fotografische Qualität zu entschuldigen bitten.
Das ficht uns allerdings wenig an, wir marschieren locker ganz nach vorne und schauen, was wir auf best effort-Basis, wie man das so gerne nennt, eben hinbekommen.

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Vor der Hauptattraktion wirbeln allerdings zunächst einmal die Recken von Arion über die Bretter, die für eine handfeste Überraschung sorgen – und zwar als rühmliche Ausnahme der goldenen Regel, dass Vorgruppen so unnötig sind wie Sockentrenner (die an dieser Stelle eigentlich gerne genommene Salatschleuder-Analogie kann ich aus diversen Gründen ja nicht mehr bringen). Mit einem blitzsauberen, melodischen und vor allem energischen Power Metal irgendwo im Gefolge von Blind Guardian bringen die Herren aus Finnland ordentlich Stimmung in die Bude. Übung haben die Jungs um Fronter Lassi Vääränen ja durchaus: immerhin boten sie schon 2013 ihren ersten Song „Lost“ bei der finnischen Vorrunde zum Eurovision Song Contest dar. Gründer und Saitenhexer Iivo Kaipainen ballert die Riffs wunderbar aus dem Ärmel, so dass der Stimmungspegel schnell steigt. Nummern wie „Punish Me“ und „At The Break Of Dawn“ (auf Konserve eingespielt mit Plastiktüten-Kleid-Besitzerin Elize Ryd) und auch „Last Sacrifice“ markieren einen Sieg auf der ganzen Linie für Arion – Hut ab!

Jetzt gilt es natürlich, auch einmal einen Blick ins weite Rund zu werfen – wo sich in erster Linie männliches Klientel im eher gesetzten Alter findet, darunter auch unsere omnipräsenten Schlachtenbummler, die wir intern gerne als Grizzly Adams bzw. den offiziellen Groo-Imitator (der aus Despicable Me) bezeichnen. Lange müssen wir allerdings gar nicht warten, denn zu einem Instrumental-Intro (wir erkennen hier eindeutig die Jürgen Prochnow-Melodie „Das Boot“) geht das Licht aus, und dann springen sie auch schon hervor.

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Zwei Dinge stellen wir dabei sofort fest: Noora tritt mit massivem Schuhwerk, schmucken Lockenhörnchen und wallender Robe an wie eine Art finstere Metal-Maleficent – und hat nicht mehr weiter an Volumen gewonnen. All der Sport auf der Bühne hat wohl doch mal Wirkung gezeigt. Und das zweite – ja, sie haben die Steckdosen gefunden! Denn gleich die erste Nummer zeigt, wie krachig die neuen Songs eigentlich sein könnten: „Unbroken“, der Opener des aktuellen Albums, bollert live genau so, wie wir das von Battle Beast eben kennen. Basser Eero Sipilä macht wie immer den Mega-Hüpf-Flummi und verdingt sich als Impresario. Nahtlos geht es weiter mit dem famosen „Familiar Hell“, das wie immer zu allgemeinen Springattacken führt, worauf Noora vergnügt feststellt: „There are even more people here than last time!“

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Ob das stimmt, lassen wir dahingestellt (beim letzten Besuch im Rahmen des Free and Easy-Festivals passte auch keine Maus mehr ins Werk) und freuen uns gleich am nächsten Knaller: „Straight To The Heart“ prescht munter nach vorne und sorgt für gehörig Laune in der Menge. Noora zeigt sich stimmlich absolut auf der Höhe, agiert im schmucken Walkürenoutfit immer souverän und meistert auch die schwierigsten gesanglichen Klippen locker. Zum neuen „Unfairy Tales“, das (Überraschung) ordentlich instrumentiert bestens abgeht, springen wir wieder wie die Gummibälle und nehmen im Anschluss den alten Reißer „Black Ninja“ mit seinem schleppenden Rhythmus ebenso gerne. Zwischenfazit: wir waren ja ein wenig skeptisch ob der schwachen Produktion des neuen Materials, aber live lassen sich Battle Beast die Butter nach wie vor nicht vom Brot ziehen. Wunderbar! Selbst das auf Konserve schwer grenzwertige „Endless Summer“ mutiert heute zu einer gitarrenmäßig swingenden Hymne auf die Nostalgie, die wir sehr gerne goutieren. Absolut herausragend dann auch die düstere Ballade „I Wish“, zu der Noora ihren Wammes ablegt und Keyboarder Janne Björkroth ein Umhänge-Keyboard präsentiert (das uns an Modern Talking erinnern soll, wie Eero uns ermahnt).

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Mit anderem Mantel, Zeremonienmeisterstab und vor allem in tiefroter Beleuchtung fordert uns Noora nun auf „Raise Your Fists“, was wir natürlich gerne machen. Auf das auf meiner Setlist doch eigentlich jetzt vermerkte „The Golden Hordes“ verzichtet man heute wohl, dafür improvisiert Eero ein paar lustige Gesangslinien, die in einem schmackigen „verfickte Scheiße!“ kulminieren, bevor er uns glaubhaft versichert, dass man in keiner anderen Halle der Welt so oft gespielt habe wie im Backstage (das mag durchaus zutreffen, und ich denke wir waren bei jeder einzelnen Ansetzung dabei). Wunderbar treibend dann das alte Schlachtross „Out Of Control“, zu dem uns Noora eine astreine Vortänzerin macht und die Dampfeffekte eindrucksvoll hochschießen. Nun gibt es mit dem „Bastard Son Of Odin“ die wohl mithüpfmäßigste Nummer des phänomenalen „Bringer of Pain“-Albums, zu dem der leider abwesende Sebbo sicherlich wieder das Haupthaar geschwungen hätte. Schlagwerker Pyry Vikki rollt nun eine lustige Vorrichtung herein, die Eero als „The Gotterdammerung 3000“ bezeichnet: eine Art fahrbares Schlagzeug mit Disco-Licht-Effekten, das das nun folgende „Hero“ wunderbar untermalt, zu dem die ganze Mannschaft dann Gin Tonic trinkt und ein paar Liegestütze macht (wegen der Heldenhaftigkeit, eben).

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Ein wenig Spaß haben sie halt immer in den Backen, die Finnen (die wie ihre Nachbarn natürlich auch nicht lügen). Nach dem mit Abstand besten neuen Song „Eden“ ist dann allerdings erst einmal Schicht im Backstage-Schacht – was aber nicht schlimm ist, denn mit einem durchaus episch-elegischen „No More Hollywood Endings“ zeigen sie erneut, wie herausragend das neue Material in ordentlichem Klanggewand doch ist. „King For A Day“ reißt stampfend wieder alles um, bevor dann ein fulminantes „Beyond The Burning Skies“ das Set endgültig beschließt und das Steve Stevens Instrumental aus „Top Gun“ standesgemäß mit 80er-Vibes den Rausschmeißer gibt. Hat es sich gelohnt? Allemal, die Herren! Und was lernen wir? Bitte, liebe Kollegen, kontaktiert Euren örtlichen Versorger, bezahlt endlich eure Abschläge und stöpselt die Gitarren wieder ein. Auch im Studio.