Der Schlagewagen kehrt zurück: wir gehen wieder in den Zirkus mit Battle Beast

15.02.2024 Muffathalle München
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Gut Ding will gerne auch mal mehr haben: auch wenn Battle Beast mit dem Circus of Doom-Tross schon einmal bei uns gastiert haben, nehmen wir die erneute Ansetzung doch gerne wieder wahr. Vorhang auf!

Einfach mal schnell zu Fuß hin zum Austragungsort zu wandern, das schafft man nicht oft, aber Großstadtdschungelkönig Sebbes bekommt genau das heute hin. Ort des Geschehens ist nämlich ausnahmsweise nicht das Backstage, sondern die Muffathalle, die wir eigentlich eher von spaßigen Seniorennachmittagen namens Ü30-Party kennen. Als unsere Freunde um die stimmgewaltige Noora vor zwei Jahren bei uns Station machten, war die Location Theaterfabrik wohl schlicht und ergreifend zu entlegen, um ausverkauft zu sein – heute drängen sich die Massen schon zu den Klängen der ersten Kombo bis hinten in der Halle, die ja immerhin auch um die 1.500 Nasen fasst. Wir eilen direkt nach vorne und können gerade noch die letzten Klänge von Induction mitverfolgen – die sehr jungen Damen und Herren („die sind alle grade mal 18!“, stellt Jugendarbeiter Sebbes treffend fest) sind nicht die Erfinder des technisch eher zweifelhaften Herdes, sondern feuern ihren progressiv angehauchten Power Metal schmackig in die Runde, spielen noch kurz den Peer Gynt von Herrn Grieg an (der mit der Halle des Bergkönigs, kennt man aus Fritz Langs M, wo Peter Lorre die Melodie pfeift) und empfehlen sich dann.  

Nach einer Schätzung des Durchschnittsalters (wir einigen uns auf ca. 120) konstatieren wir, dass das Backdrop des nun anstehenden zweiten Acts Saint Deamon das Hintergrundbild der Hauptattraktion gleich mit hochzieht – Effizienz ist angesagt. Um Punkt 20:30 betreten die vier Herren aus Schweden dann die Bretter und zünden ein buntes Feuerwerk aus melodischem Power Metal mit progressiven Einsprengseln, das mit Nummern wie „No Man’s Land“ oder „Load Your Cannons“ sofort zündet. Shouter Jan Thore Grefstad bekennt dabei freimütig, nicht gänzlich auf der Höhe zu sein: „my voice is a bit crispy today“, was wir mal einer Erkältung zuschreiben und umso mehr Respekt zollen – ob der Kollege morgen noch ein Wort hervorbringt, vermögen wir nicht abzuschätzen, aber er kämpft sich tapfer durch die Stücke, bis nach exakt 30 Minuten Ruhe im sprichwörtlichen Karton ist.

Nächste Umbaupause, wir stellen fest, dass das metalste Shirt ever, das natürlich wieder Start ist („Abenteuerspielplatz Neuhausen“), sogar als Hoodie und Shirt existiert. Eine wunderbare Einstimmung auf die Spielwiese, die uns bevorsteht und um 21:30 losdonnert. Kurzes Intro, das Battle Beast-Backdrop wird hochgezogen und passt im Gegensatz zum letzten Mal auch fast komplett unters Dach (kein Vergleich mit der halben Burg, die Gloryhammer in die Tonhalle basteln mussten) – die Arena ist gerichtet, als nach ein wenig Klimperei die düstere Mär vom Zirkus des Unheils über uns hereinbricht.

Basser Eero Sipilä macht uns wie immer den fast schon mysteriös gut gelaunten Hüpf-Flummi, und auch der Rest der Mannschaft scheint von nahezu unzerstörbarer Spielfreude. Nun aber alle Augen auf Zirkusdirektorin Noora, die wieder mit schmucken Hörnchen (die dürfen wir ja seit der „No More Hollywood Endings“-Tour immer bestaunen), aber ohne den beim letzten Ausritt noch geschwungenen Zeremonienstab umherstolziert. Ging wohl irgendwo auf der langen Tour verloren. Mit kurzem Beinkleid und standesgemäßer Robe macht uns Noora aber dennoch vollstens überzeugende diabolische Dompteuse, deren Stimmgewalt immer wieder umwerfend ist. Atemlos geht’s weiter mit „Straight To The Heart“, dem voranpreschenden Opener des „Bringer Of Pain“-Albums, der auch heute wieder bestens ins Tanzbein fährt und mit ordentlichem Dampf-Einsatz (mit dem man entgegen anderweitigen Behauptungen eben doch etwas voranbringt) untermalt bestens rüberkommt. Mit „Familiar Hell“ von der gleichen Scheibe bricht dann der allgemeine Hüpfalarm aus, wir zeigen uns wieder begeistert von der Vehemenz, mit der diese Kombo immer wieder auftrumpft, was heute einen besonderen Grund haben mag: die komplett ausverkaufte Show wird livehaftig im Internet übertragen, was an diversen Kameras zu sehen ist und auch lustige Meta-Momente zeitigt: ein zu Hause gebliebener Sympathisant übermittelt uns nämlich diverse Bildschirm-Fotos, die den rasenden Fotoreporter Sebbo trefflich bei der Arbeit im Graben zeigen. Hübsch!

Nun begrüßt uns die gute Noora artig, bedankt sich für die sold out show („on a Thursday!“) und kündigt „Now for a little disco!“ an, was mit dem flotten „Armageddon“ fulminant eingelöst wird. Divenhaft geht es dann wieder beim Traumfabrik-Epos zu: bei „No More Hollywood Endings“ inszeniert sich Noora per Spotlight wieder geschickt wie weiland Norma Desmond, die Mr deMille mitteilte, dass sie nun bereit für ihren close up sei. Ganz groß! „A Place That We Call Home“ reißt ordentlich mit, ebenso wie das schmackige „Eye Of The Storm”, bevor dann die erste Showeinlage ins Haus steht. Spaßvogel und im Nebenberuf Basser Eero habe nun eine „Surprise“, informiert uns Noora, die für eine kurze Verschnaufpause verschwindet. Die Faszination für 80er-Pop kennen wir ja von den Kollegen, was sich auch heute zeigt, als Eero bewaffnet mit Textzettel die Elton John-Schnulze „Can You Feel the Love Tonight“ anstimmt, dafür ein Meer an Handy-Lichtern erntet (früher waren das mal Feuerzeuge…times change) und sich dann sogar an einem radebrechenden deutschen Refrain versucht, der hierzulande im König der Löwen-Musical zu hören war: „Kann es wirklich Liebe sein?“, fragen wir uns da tatsächlich, amüsieren uns köstlich und heißen Noora wieder willkommen, die nun das elegische „Where Angels Fear To Fly“ anstimmt. Eero, der offenbar Geschmack an der Impresario-Rolle findet, setzt uns nun in Kenntnis, dass Battle Beast nicht nur die anerkannt beste finnische Death Metal-Kombo, sondern auch ein Aushängeschild des Viking Metal sind, was sie durch ein paar Takte des Amon Amarth-Gassenhauers „Pursuit of Vikings“ humor- und eindrucksvoll unter Beweis stellen. „Are you ready for some Battle Beast Viking Metal?“, das beantworten wir doch gerne mit einem donnernden Ja und lassen uns das unvermeidbar folgende „Bastard Son of Odin“ bestens gefallen. Nun aber setzt es die große Technik-Sternstunde, über die wir im Vorfeld schon spekulierten: ist die wundersame Erfindung wieder mit am Start, die wir vor zwei Jahren schon bestaunen konnten? Ja, ist sie, nur unter neuem Namen: der „Schlagewagen“, den auskunftsgemäß auch Rammstein bestellt hatten, firmiert (offenbar runderneuert) unter „Kryptowagen“, sieht aber unverändert aus – ein wunderliches Gestell mit beleuchteten Drums inklusive mobilem Getränkeregal – und dient ebenfalls noch zum gleichen Zweck. Keyboarder und Perkussionist Janne Björkroth, so informiert uns Eero, „is a perfect Barista – which is just a fancy word for alcoholic”. Der gute Janne mischt einige Gin&Tonics, die man teilweise ins Publikum reicht, teilweise selbst konsumiert (dem Gesichtsausdruck nach muss Janne allerdings noch ein am Mischungsverhältnis arbeiten) und sich dann mit einem mächtig groovenden „Russian Roulette“ wieder dem Tagesgeschäft zuzuwenden.

Bei „Wings of Light“ wedelt Noora mit den trandelbehangenen (also verbrämt im eigentlichen Wortsinne) Armen und animiert die Meute zu den auch hier wieder etwas absonderlichen Winkehänden, die eigentlich Onkel Grönemeyer vorbehalten sein sollten, bevor dann mit „Eden“ zumindest kurz Schicht im melodischen Schacht ist. Allerdings macht Noora nicht lange Federlesens, „this feels so wonderful, we just keep going” – wunderbar, keinerlei Einwände, wenn mit dem „Master of Illusion“ ein weiteres Brett losgetreten wird. Nun muss Perkussionist Janne nochmal herhalten: nach einem kleinen Star Wars-Medley, bestehend aus dem Skywalker-Thema und dem March of the Stormtroopers, flösst ihm Eero auf Ex ein Bier ein, was die Spielfertigkeit in keiner Weise beeinträchtigt: der „King For A Day“ knallt mehr als ordentlich, bevor dann das unnachahmliche „Beyond The Burning Skies“ den würdigen Schlusspunkt markiert. Während sich die Kombo zum Thema aus „Top Gun“ zu Recht abfeiern lässt, wuseln wir uns noch schnell zum vorher unerreichbaren Leibchenstand durch, wo Haute-Couture-Jünger Sebbo die Garderobe ergänzt. Wenn sie dann wieder kommen, in zwei Jahren, von uns auch nochmal mit dem gleichen Programm, sind wir natürlich wieder mit dabei – wo auch immer die Ansetzung dann landen. Es gilt wieder einmal das Motto der Kaffeewerbung aus den seligen 70ern: einfach die Krönung - wunderbar!