Danke, Jones: Volbeat spielen Boogie in der Festhalle Frankfurt

07.11.2019 Frankfurt Festhalle

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Fast genau drei Jahre nach der letzten Ansetzung in der Frankfurter Festhalle luden die Recken um Michael Poulsen nun wieder zu einem massiven, melodiös metalligen Spektakel an gleichem Ort. Anlass war die Tour zum aktuellen Longplayer „Rewind, Replay, Rebound“, der Anfang August veröffentlicht und der wie sein Vorgänger „Seal the Deal & Let’s Boogie“ vor allem bei Fans der ersten Stunden mit mehr als gemischten Gefühlen aufgenommen wurde. Zu sehr weichgespült wären sie inzwischen geworden, zu kommerziell, und überhaupt und alles. Gründe genug also für uns, genau das vor Ort zu überprüfen.

Nach der üblichen lustigen Anreise in öffentlichen Verkehrsmitteln (wir nennen es „Die kleine Hessen-Rundfahrt“), einer anständigen Bratwurst und nach dem obligatorischen Besuch an einem der Souvenir- und Andenkenstände kamen wir rechtzeitig zum ersten Opener, denn Danko Jones gaben sich pünktlich um 18:30 die Ehre.

Von uns ab sofort aufgrund eines witzigen Rechtschreibfehlers auf der Festhallen-Homepage nur noch „Danke Jones“ genannt, wussten die Herren um den gleichnamigen Frontmann gleich zu gefallen, was auch an der sich hebenden Stimmung unter den Schlachtenbummlern auszumachen war. Die dreckig-harten, auch bluesigen Rockstücke, die dennoch mit eingängigen Melodien bestückt sind, kamen auch bei Nichtkennern der Band gut an und als dann nach etwas mehr als einer Handvoll Nummern schon wieder Schluss war, waren wir gespannt, ob Baroness als Opener Nummer 2 noch eine Schippe draufzulegen vermochte. Was kam, war – positiv ausgedrückt – unpassend zum Rest, sprich zur Musik von Danke Jones und Volbeat. Oder negativ: es war stinklangweilig. Die Progressive Band, deren komplexe Songs ruhige, ja stille Parts beinhalten, konnte dann auch niemand so wirklich begeistern und es wurde recht schnell recht still in der Halle. Was sich während des Gigs auch kaum änderte, weshalb wir uns immer wieder wohlig an letztes Mal erinnerten, als Airbourne als Vorband die Hütte fast zum Einstürzen brachten.

Als Baroness dann fertig waren, wovon kaum noch jemand Notiz nahm (immerhin gab es keine Pfiffe, selbst dafür war man wohl zu gelangweilt), musste es ja wieder aufwärts gehen. Doch ehe sich Volbeat die Ehre gaben, wollen wir noch einen lästigen Brauch ansprechen, der sich in der Konzert-Szene breit macht. Und der heißt FOS – Front of Stage. Der Bereich für die, die gerne oder auch ungerne mehr zahlen, die man zur Kasse bittet, damit sie ein paar Meter näher am Geschehen sind. Dieser Bereich war bis unmittelbar vor dem Hauptact fast halb leer. Tatsächlich. Und auch dann konnte man links von der Bühne in deren unmittelbarer Nähe noch bequem ein Zelt aufstellen. Unverständlich, unnötig und – ganz ehrlich – für die Musiker doch auch seltsam, ist es nicht? Dazu gesellte sich noch eine wunderliche Orga. An den Seiten wurde der FOS-Bereich lediglich durch ein Absperrband (!) gesichert und abgetrennt, was direkt vor dem Bierstand für einigen Missmut sorgte, da diverse Trunkenbolde, nachdem sie alkoholbefeuerten Mut fassten, eben jenes Band zu sprengen drohten. Die Folge war eine Ordnerschwemme, die sich gleichmäßig vor den zehn Meter Absperrband verteilte. Und es gibt wahrhaft Angenehmeres als beim Konzert von 15 nicht gerade ansehnlichen Augenpaaren angestarrt zu werden…

Aber zurück zum spassigen Teil. Fast pünktlich um 20:45 ertönte das Intro: Motörhead mit „Born to Raise Hell“, gefolgt von einem zweiten (!), dem Titelstück der beliebten und hochgelobten TV-Serie Peaky Blinders, auf die der aktuelle Longplayer Volbeats mit dem Stück „Cheapside Sloggers“ Bezug nimmt. Michael Poulsen und seine Mannen begannen vor einem aufgeräumten Bühnenbild, das gleichzeitig in seiner Gänze als Screen diente, für Effekte, wie auch für Videos. Als Starter wählte man überraschend die Single „Leviathan“, die zuvor im Zugabenblock beheimatet war. Gut und ok. Danach folgte gleich der erste Klassiker – „Lola Montez“ wurde dann auch heftigst von der Fanschar begleitet und gefeiert. Die Stimmung war wieder top. Jetzt folgen hintereinander drei schnelle und harte Kracher, darunter „Pelvis on Fire“ und „Sorry Sack of Bones“ von der aktuellen, angeblich doch so kommerziellen Scheibe. Die Band hatte sichtlich Spass am musizieren und die Spielfreude kam bestens rüber. Insgesamt wurden sieben Titel aus „Rewind, Replay, Rebound“ kredenzt, dazu noch sechs vom Vorgänger, wobei immer wieder Klassiker und Dauerbrenner eingetreut wurden. Bei „Black Rose“ lief das Zeichentrick-Video im Hintergrund, während die Band auf dem „Laufsteg“, der sich in den FOS-Bereich pflügte, von Danke Jones unterstützt wurde.

Zwischendurch wurde Geburtstagskind und Ex-Anthrax Guitarrero Rob Caggiano, wie immer bemützt, mit einem Ständchen der Menge geehrt. In der zweiten Hälfte kamen Publikumslieblinge, wie „Dead but Rising“, „Fallen“ und natürlich das hymnische „For Evigt“ zum Zug, die alle – naturgemäß mehr als die neuen Stücke – vom Publikum goutiert und abgefeiert wurden. Das war wieder bunt gemischt. Neben den üblichen Festivalgängern (Volbeat sind auch diesmal wieder einer der Headliner bei Rock am Ring) und Pettycoat-Damen und Holzfällerhemd-Herren waren doch auch immer wieder diverse Metalheads am Start und - sehr erfreulich – auch Kids zu sehen, die ihre Väter begleiten durften (oder umgekehrt?). Für Nachwuchs scheint also gesorgt zu sein. Nach dem famosen „Lonesome Rider“, das Herr Poulsen ohne Damenpart sang, folgte noch das melodiöse und eingängliche „Last Day under the Sun“ von der neuen Scheibe, dann war erst einmal Schluss. Inzwischen waren diverse Papierschnipsel-Lawinen auf die Menge hinabgeregnet und die Stimmung war Party-mäßig top.

Also auf zur Zugabe: „The Devil's Bleeding Crown“ und „Let it Burn“ von der „Seal the Deal & Let’s Boogie“ machten hier den Anfang, gefolgt von dem wunderbaren „I only want to be with you“ als deftige Coverversion des Dusty Springfield Klassikers. Beim abschließenden „Still Counting“ wurden dann die noch übrigen gefühlten fünf Tonnen Papierschnipsel in die Saal-Atmosphäre geschleudert, dazu wurden überdimensionale Luftballons in die Menge geworfen, ähnlich wie das weiland Metallica bei „Enter Sandman“ praktizierten. Ein wahrhaftes Grande Finale. Dann war Schluss. Fazit: ein rundum gelungener Abend, bei dem sich harte Nummern mit Ohrwürmern abwechselten. Immer garniert mit wunderbaren, eingänglichen Melodien – das kann er halt, der Poulsen. Trotz teilweise berechtigter Kritik (siehe oben – man könnte auch sagen, die Band entwickle sich weiter), ist Volbeat noch immer weit entfernt, die typischen Bayern 3 Hörer zu bedienen, wie das beispielsweise Bon Jovi seit Jahren tun. Am Ende wateten wir durch die Tonnen an Papier (und durch den FOS-Bereich, der jetzt unbewacht war), nahmen erneut die „Kleine Hessenrundfahrt“ auf uns und sagten Danke, Volbeat. Und Danke, Jones. (bw)