Mulis und echte Raritäten: wir verbessern unser Handicap bei Bowmore

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Unverhofft kommt eben oft: nachdem Bowmore als freundlicher Unterstützer eines Golf-Turniers fungiert, bot sich am Rande des Landesfinales die Chance, einige Köstlichkeit zu probieren. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen.

„Wie sagt man in Schottland? Slainthe!“ Kaum konnte der rührige Moderator seine Kulturkenntnis an den Mann und Frau bringen, da waren die Gewinner jeweils einer Flasche Bowmore 10 years schon wieder von der Bühne entschwebt. Ort des Geschehens und Anlass: Landesfinale eines internationalen Golf Cups, bei dem Sieger in diversen Einzelwertungen erst ermittelt und dann gewürdigt wurden. Aus Gründen, die hier nichts zur Sache tun, waren wir mit von der Partie und konnten uns somit der durchaus beachtlichen Präsenz eines der Sponsoren widmen. Die Herrschaften von Bowmore waren nämlich mit einer veritablen pop up-Bar vertreten, wo sich neben gängigen Artikeln auch waschechte Seltenheiten verbargen.
Schon zum Empfang reichte man den Bowmore Islay Mule – die Cocktail-Variante, die sich derzeit in der Bartträger- und Hornbrillen-Welt wohl durchaus erfolgreich zu etablieren sucht. Ähnliches konnten wir ja schon am Rande des Rockavaria im Rock-Kitchen bewundern, und bei der Finest Spirits schlug auch Auchentoshan in eine ähnliche Kerbe. Für den Maulesel nehme man neben dem Spirit der jeweiligen Wahl ein wenig Limettensaft, Gingerbier, Minze und eine Limettenscheibe – und fertig ist die Hipster-Mixtur, die in trendigen Blechbechern serviert und eiskalt auch für sonst ausgemachte Whisky-Feinde goutierbar ist (was ja auch der Sinn der Aktion sein dürfte, Stichwort Zielgruppenerweiterung). Die Basis hier und heute ist der Bowmore No. 1, dessen Name auf die durchaus werbewirksamen No. 1 Vaults bei Bowmore anspielen soll, bei denen die Lagerung ja (sagt man) unterhalb des Meeresspiegels erfolgt (wobei launige Geister schon öfter fragten, wie groß diese Lagerhallen denn sein müssten, um all die sagenumwobenen Fässer wirklich dort unterzubringen - aber das werden wir auch heute nicht klären). Ob man diesen alterslosen Gesellen mit gerade einmal 40% auch außerhalb des Blechcocktails braucht, vermögen wir nicht zu beurteilen – als kühler Drink an einem heißen Abend lassen wir uns die Mischung in jedem Falle gefallen.

Spannender geht es dann aber an der Theke zu, wo ein kundiger junger Herr gerne Wünsche entgegennimmt und Empfehlungen ausspricht. Wir optieren als Start dabei gerne für die Vault Editon No. 1 (geschrieben Vault Edit1.oN), die ebenfalls auf die Unterwasser-Lagerung anspielt (wobei...aber lassen wir das). In der First Release-Ausgabe von 2017 ruhte dieser Vertreter in first fill Bourbon-Fässern von Salzwasser umgeben – wobei wir auch hier wieder keine Altersangabe notieren können.

Fest steht, dass er mit 51,5% durchaus kraftvoll daherkommt und schon im Glas durchaus ölig hübsche legs produziert (dass man bei Bowmore farblich mehr als nur ein wenig nachhilft, nehmen wir wie immer eben so hin). Im Geschmack kommen dann in der Tat dunkle Früchte, Gewürze und Orangen zum Vorschein, garniert mit definitiv nicht zu verleugnenden Salz-Noten. Ein mächtiger Auftakt, dem wir nun mit dem Bowmore 15 durchaus einen Kontrast folgen lassen. Die lange Reifung und das finish in Sherry-Casks verfehlen ihre Wirkung nicht: deutlich milder, runder und ausgewogener kommt dieser Vertreter daher, mit viel dunklen Früchten und Schokolade. Die Rauchnoten harmonieren wunderbar mit dieser Tiefe und den 43% – zusammen mit dem ebenso 15jährigen Bowmore Darkest zählt diese Variante zu den absoluten Preis-/Leistungs-Highlights des Hauses. Auch heute wieder schön! Nun aber haben wir den ersten wirklichen Star des Ensembles zu begutachten: ein stolzes Vierteljahrhundert steht nun zu Buche, womit wir uns definitiv in der Oberklasse befinden. Der Bowmore 25 verzaubert die Nase mit einer ungemeinen Milde und wunderbar süßen Rauchnoten, im Geschmack erinnert das Ganze in seiner Ausgewogenheit fast an eine Trinkversion von dunkler Schokolade, eingelegte Früchte und intensiver Sherry schwingen ebenso mit – „amazingly rich and complex“, kündet das Label, und wir müssen hier unumwunden zustimmen. Außergewöhnlich und eindrucksvoll. Kann man das überhaupt noch steigern?

Ja, kann man, und zwar, wenn man noch zwei Jahre Zeit hat. Denn der König dieser Auswahl ist zweifelsohne der Bowmore Vintner’s Trilogy Port Cask 27, dem wir uns nun zuwenden. Diese Rarität stammt wie der Name sagt aus der Vintner’s Trilogy: als dritter und letzter seiner Art erfuhr auch dieser Bowmore eine Nachreifung in Weinfässern, in diesem Falle im Port-Cask – und zwar sage und schreibe 14 Jahre, nachdem er die ersten 13 Jahre in ex Bourbon-Fässern lag (Ausgabe 1 und 2 der Trilogie wurden im Barrique- bzw. im Manzanilla-Fass veredelt). Hier nähern wir uns somit mit Ehrfurcht und werden nicht enttäuscht: unvergleichlich tritt dieser Edelmann auf, mit einer Nase aus Toffee, süßem Rauch und roten Beeren. Man mag diesen Schluck kaum trinken, der da im Glas steht, aber dann führt doch kein Weg vorbei – und auf dem Gaumen darf man eine derart köstliche Kombination von süßem Rauch, Gewürzen und Port erleben, dass man sich noch lange an diesem Geschmack erinnert. Ab hier gilt nun wirklich das Motto eines gewissen ehemaligen Sport-Titans – was soll jetzt noch kommen? Hier an der Bar sicherlich nichts mehr, das wäre Frevel. Wir danken höflich und wenden uns wieder dem bunten Treiben zu. Ach ja: dem Gewinner des finalen Deutschland-Finales winkt eine Reise nach Islay – Bowmore-Besuch inklusive. Angesichts unseres individuellen Golf-Geschicks (oder vielmehr des Mangels desselben) scheint es da günstig, dass wir dies ja letztes Jahr schon in Eigenleistung absolviert haben.