Rubinrot, glasklar, weiß-blau: Das Q3-Tasting in Wort und Bild

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Wenn einer eine Reise tut, dann kann er nicht Wasser, sondern Whiskies zählen. Dieses alte gälische Motto nahm sich die Q-Gruppe zu Herzen und begab sich geschlossen in die Vororte der bajuwarischen Landeshauptstadt, wo seit Jahren ein Außenposten die Stellung hält. Dabei gab es wie immer Neues, Überraschendes, Kontroverses, aber auch Mehrheitsfähiges zu bestaunen. Jo mei!

Die erste Herausforderung ist wie stets logistischer Art: es gilt, die Versuchsanordnung in die richtige Reihenfolge zu bringen, um sodann die Auswahl der Testobjekte treffen zu können. Dabei kommt dem Gastgeber die besondere Rolle zu, eine Blindverkostung hinzuzufügen, die nach eigenem Ermessen in die Abfolge eingebaut werden soll.

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Nach dem traditionellen, eher humoristischen Auftakt mit dem unsäglichen „Golden Shoe“ starten wir gut gelaunt gleich mit einem auch thematisch spannenden Vertreter: mit den White Dogs aus dem Hause St. Kilian haben wir uns ja schon ausführlich beschäftigt, aber der New Make aus dem beschaulichen Rüdenau kommt uns hier in der Limited Metal Edition entgegen – und so etwas verdient im Hause Kühles Zeug natürlich wie immer besondere Beachtung. Bei St Kilian fabriziert man in einer bekanntlich nach schottischem Tartanmuster gestrickten Brennerei seit 2016 in Pot Stills einen Single Malt, der erstmals im Mai 2019 als First Fill erhältlich sein wird. Einen ersten Eindruck vom Brennerei-Charakter erlauben aber schon die New Makes, also die noch nicht gelagerten Destillate, die in mehreren Varianten daherkommen (der Turf Dog macht einen rauchigen Antritt, die beiden White Dogs sind als „normale“ Stärke und als Cask Strength zu haben). Die Limited Metal Edition gesellt sich als neueste Ausgabe hinzu: in Zusammenarbeit mit der deutschen Metal-Band And Then She Came können sich Kenner an einer auf 666 Flaschen limitierten Edition erfreuen, bei der jede Flasche nummeriert und mit Bandautogrammen versehen ist.

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Als „Bundle Of The Beast“ erhält man das komplette Geschmacks- und Klang-Erlebnis inklusive zweier CDs (einmal selbst betitelt, einmal die Live-Konserve „Bonsoir at the Abbatoir“) und einer Live-DVD. Musikalisch konnten wir mit der Kombo in ihrer vorherigen Inkarnation als Krypteria ein wenig mehr anfangen – sehr modern, elektronisch und sperrig geben sich die Herren um Fronterin Ji-In Cho (unseres Wissens nicht verwandt mit Intschu Tschuna) mittlerweile, sicherlich teilweise spannend, aber nicht jedermanns Sache. Hier und heute geht es aber mehr um die Kulinarik, und die ist mit strammen 66,6% nochmals einen Zacken herzhafter als in der bisherigen Cask Strength-Ausgabe, die es schon auf beachtliche 63,5% bringt. Das macht sich schon im Aroma bemerkbar, das deutlich intensiver wirkt als beim andere Bruder im Fass-Geiste: überraschend fruchtig und leicht steigt der Metal-Hund in die Nase. Metall dann auch im Geschmack, der – wie sollte es anders sein – die Jugend nicht verbirgt, aber definitiv einen anderen Charakter entfaltet als so manches auch schon verprobte Destillat aus deutschen Landen, das die Obstler-Herkunft nie ganz verleugnen kann. Wir konstatieren gerne: der St. Kilian hat Potenzial, auch wenn der Alkohol hier doch sehr deutlich durchschlägt. Wir sind gespannt auf 2019!

Eine kleine Kostbarkeit genehmigen wir uns gleich im Anschluss: aus der nicht kühlgefilterten Serie der Signatory Vintage Edition nehmen wir einen 18jährigen Glen Elgin in Augenschein, der 1995 destilliert wurde und anschließend in Ex-Bourbon-Fässern lagerte. Kontrovers gerät dabei schon der Auftakt: nachdem das Alter auf dem Verkostungszettel unentschuldbarerweise verfehlt angegeben ist, drohen zahlreiche Teilnehmer mit sofortigem Abbruch der Veranstaltung, was nur knapp abgewendet werden kann. Zurück zur Nase: ein schön ausgewogener Geruch macht sich breit, in dem vanilleartige Fassnoten dominieren. Im Geschmack wartet der Kollege mit einem eher komplexen Bild auf, in dem sich Vanille, Karamell und Pfeffer die Hand reichen, wobei sich der eher würzige Charakter durchsetzt. Die Ausgaben des unabhängigen Abfüllers sind eben immer einen Blick wert. Fein!

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Nun schreiten wir zur Blind-Variante, zu der nur die Herkunft (Highlands) verraten wird. Die tief rubinrote Farbe liefert den wahren Connoisseuren schon sachdienliche Hinweise: definitiv haben wir es mit einem Port-Finish zu tun. Die aromatische Erkundung zeitigt dann die ersten Begeisterungsstürme: rund, weich, mild und angenehm konstatieren die Tester, Schokolade und Nuss wird vermerkt. Auch der Geschmack steht dem in nichts nach: schokoladig und kraftvoll, mit deutlichen Anklängen an Orangen und Honig gibt sich das Getränk. Vollmundig oder einfach nur „lecker!“, lautet das einhellige Urteil, bei dem ein Proband auch wirklich komplett richtig liegt: ein Glenmorangie müsse das sein, ein Port, also dieser Quinta…richtig, wir haben es mit einem Glenmorangie Quinta Ruban zu tun, der 12 Jahre auf die Waage bringt, von denen die letzten beiden Jahre auf Portweinfässer aus den so genannten „Quintas“ entfällt. Das so entstehende, charakteristische tiefe Rot schlägt sich auch im Namen nieder (ruban: gälisch für rubinrot) und verbindet sich bei 46% mit dem langen, samtigen Abgang zu einer wundervollen Ausgabe der Extra Matured Reihe. Für viele der klare Sieger des Abends!        

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Immer wieder gerne genommen und probiert sind auch die alten Schweden aus dem Hause Mackmyra, die ja unter anderem für den angeblich noch vom Meister selbst abgesegneten Motörhead-Whisky verantwortlich zeichnen (wir erlauben uns die Spekulation, ob dabei nicht Schlagwerker und Schwedenlandsmann Mikkey Dee mehr die Hand im Spiel hatte, aber sei’s drum). Hier und heute nähern wir uns dem Mackmyra Svensk Ek, der seinem Namen (Ek, nicht Elk!) alle Ehre macht – gelagert wurde nämlich in Ex-Bourbonfässern, die teilweise aus schwedischer Eiche stammen, die auf der Insel mit dem klingenden Titel Visingsö wachsen (kritische Stimmen bemerken, dass der Anteil der verwendeten Schwedeneichen lediglich bei 5-10% liegt). Mit ordentlichen 46,1% zieht der Single Malt, der aus verschiedenen Altersklassen zwischen vier und sieben Jahren komponiert ist, wie ein Kornfeld in die Nase, frisches Getreide und Röstbrot steht dabei neben fruchtigen Noten von Birnen und Äpfeln. Im Geschmack hält sich die Fruchtnote nicht allzu lang, bald setzt sich der ausgeprägte Fasscharakter durch und breitet sich mit trockener, würziger, getoasteter Eiche aus, die dann auch den Abgang für sich reklamiert. Durchaus komplex, pfeffrig, voller Gewürz – und für den vergleichsweise hohen Alkoholgehalt nicht metallisch. Wie stets bei Mackmyra stellen wir fest, dass wir es hier mit einem im positiven Sinne gänzlich anderen Geschmackserlebnis zu tun haben als bei einem Scotch – immer wieder gerne!

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Gestärkt durch die obligatorische Brotzeit, in der eklatante Planungsmängel hervortreten – die unverzichtbare Butter gestaltete sich als unauffindbar - schreiten wir nun noch zu einem direkten Vergleich zweier Favoriten aus der Nachreifungs-Disziplin: wir lassen den Bowmore Dark & Intense 10 (40%) gegen den Bowmore Darkest (43%) antreten, der noch fünf Jahre mehr in den Fässern zubringt. Beiden Varianten ist die Nachreifung in Sherryfässern zu eigen, wobei die ältere Ausgabe die letzten drei Jahre in Oloroso-Fässern zubrachte. Beide Ausführungen bringen einen satten Bernstein ins Glas, was teilweise an der Lagerung, teilweise aber auch an der für Bowmore typischen Nachhilfe mittels Farbstoff liegt. Beide steigen erwartungsgemäß fruchtig, mit Anklängen an Orangen und dunklen Beeren in die Nase, wobei der 10er etwas aggressiver und wilder wirkt. Auch im Geschmack gibt sich der 10jährige zwar auch rund, intensiv und an Rosinen erinnernd, wirkt aber insgesamt ungezähmter als der große Bruder, dem die fünf Jahre mehr im Fass merklich zu Gute kommen: hier konstatieren wir eine größere Ausgewogenheit, die süße Karamell- und Honigtöne setzen sich mehr in den Vordergrund. Im Abgang dann das gleiche Bild, Frucht und Nüsse allenthalben, wobei der Darkest noch mit deutlicheren Sherry-Noten punktet. Fein sind beide allemal, wobei in der illustren Runde das Pendel zu Gunsten des Darkest ausschlägt.

Das Ende der offiziellen Versuchsreihe bildet dann mit dem Kilchoman Machir Bay ein Vertreter der Islay-Fraktion, der einen angenehm süßen, rauchigen Geruch mit Zitronenanklängen verbreitet. Dass bei dieser Vermählung verschiedener 6jähriger Malts nicht nur Ex-Bourbon-Fässer, sondern auch Oloroso-Sherry-Casks zum Einsatz kommen, schlägt sich im Geschmack deutlich nieder: trotz der 46% Gehalt sehr rund, fruchtig, süffig nehmen wir den Kollegen wahr, mit Spuren von Butterkeksen und äußerst süßem Rauch, der sich auch im langen Abgang angenehm hält.

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Nach dieser virtuellen Rundreise haben andere Kandidaten, die am Start gestanden wären, leider keine Chance mehr – vor allem der mit Spannung erwartete Mekhong muss noch ein wenig auf uns warten. Aber nachdem der goldene Schuh endgültig Geschichte ist (die Chemie hatte ein Einsehen und ließ ihn kippen, womit wir ihn endgültig von den Hacken haben), könnte dies der nächste Dauergast sein. Wir werden sehen. Die Probanden jedenfalls verließen die oberbayrischen Gefilde höchst zufrieden – und kehrten am nächsten Tage für eine gemischte Neuauflage in größerer Runde zurück. Aber dann hieß es endgültig: „Schleicht’s aich!“