Yo Ho and a bottle of RUM
/Eine kleine weihnachtliche Karibik-Kreuzfahrt in den eigenen vier Wänden
So wie es sich herausstellt sind wir nicht die Einzigen, die sich doch öfters mal einem (oder zwei) guten Schlückchen hingeben. Daher können wir euch heute exklusiv einen Gastartikel des werten Hobbypiraten und metallischen Geräuschen nicht abgeneigten Schreiberlingkollegen Dagger präsentiern...
Weihnachten ist bekanntlich nicht nur die Zeit für Ruhe und Besinnlichkeit. Es ist ebenso eine Zeit des Schlemmens und Genießens! Da passt es gerade gut, dass am Heiligen Abend, nach dem Essen und Geschenkeverteilen, dann tatsächlich etwas Ruhe einkehrt und wir uns bei kalten Außentemperaturen im kleinen Familienkreis zu einem karibisch anmutenden Tasting zusammenfinden. Auf dem Plan steht heute nämlich einmal nicht der Whisky, sondern Rum.
Seit einigen Jahren schon etabliert sich bei uns das süffig-süße Destillat zu einer zweiten Leidenschaft neben der Vorliebe für schottischen Single Malt. Daher stellen wir heute erstmals fünf Kandidaten zum direkten Vergleich nebeneinander. Ein kleiner Vermerk vorab: Wenn es um die Erweiterung der eigenen Sammlung geht, suchen mein Vater und ich auch gerne mal Rat im Büchlein „Premium Rum“ von Andreas Schwarz, das 2013 im Hädecke Verlag erschienen ist. Also nicht wundern, wenn an einigen Stellen auf die Texte des Herrn Schwarz verwiesen wird.
Ehe wir zum eigentlichen Tasting kommen, seien zunächst die Kandidaten der heutigen Verkostung in der Reihenfolge vorgestellt, in der sie später auch beurteilt werden:
Havana Club Selecciòn de Maestros, 45% Vol
Herkunft: Havana
Diesen Rum bewirbt der Hersteller als seinen Ultra Premium Rum, der in der Tat auch schon zahlreiche Preise einheimsen konnte. Der jüngste ist wohl die Bronze Medaille bei der International Rum Conference in Madrid 2016. Eine Altersangabe besitzt der Tropfen nicht. Dafür erfahren wir, dass sechs der hausinternen Maestros Roneros die feinsten gealterten Rums für Ron Havana Club Selección de Maestros auswählen, welche nach ihrer Vermählung anschließend in speziell ausgewählten Fässern lagern. Irgendwie alles recht vage hinsichtlich des Informationsgehalts. Dafür kommt die Flasche in schicker Metalldose daher. Preislich findet man diesen Havana Club zwischen 40 und 45 Euro.
Pampero Aniversario, 40% Vol
Herkunft: Venezuela
Die kleine bauchige Flasche ist in einem Ledersäckchen verpackt. Wieder keine Altersangabe, dafür aber auch eine lange Reihe von Auszeichnungen im Portfolio, darunter ein Doppel-Gold bei der World Spirits Competition in San Francisco, 2007. Unter den Top 10 mit bestem Preis-Genuss-Verhältnis stellt Andreas Schwarz den Pampero Aniversario auf Platz 8 und in den Top 10 der besten Einsteigerrums immerhin auf Platz 6. Im Laden (oder Internet) erhält man das goldige Säckchen in der Regel bis ca. 25 Euro.
Ron Zacapa Centario 23, 40% Vol
Herkunft: Guatemala
Endlich einer mit Altersangabe! Und dann gleich 23 Jahre, was bedeutet, dass der älteste in dieser Flasche enthaltene Rum ein Alter von 23 Jahren aufweist. Die jüngsten seiner Kollegen, die nach dem Solera-Verfahren zum fertigen Produkt gemischt werden, sind sechs Jahre alt. Dieser Ron Zacapa spielt sicherlich in der Rum-Oberliga mit, hat von Herrn Schwarz die volle Punktzahl erhalten und siedelt in seinen Top 10 Rums für Genießer auf Platz 9. Dass der Tropfen eine lange Liste an Gold und Silber Awards vorweisen kann, wundert da kaum. Mit knapp 50 Euro ist der Ron Zacapa 23 allerdings auch nicht ganz günstig.
Botucal (Diplomatico) Reserva Exclusiva, 40% Vol
Herkunft: Venezuela
Bis zu zwölf Jahre durfte dieser Rum in kleinen Eichenfässern lagern. Das Ergebnis ist ein Rum, dessen Liste an gewonnen Auszeichnungen länger ist als bei allen bisher vorgestellten. Andreas Schwarz rühmt ihn als einen der besten Rums der Welt und setzt ihn in seinem Ranking auf Platz 4 der besten Rums für Genießer. Bei einem Preis von nur etwa 35 Euro darf man also gespannt sein.
Ron Millonario Solera 15 Reserva Especial, 40% Vol
Herkunft: Panama
Und wieder überschlägt sich Herr Schwarz beim Lob dieses Rums, dessen Flasche mit Tequila-Stroh umflochten wird. Wieder ist die Rede von einem der weltweit besten Rums, und wieder gibt es die volle Punktzahl und einen Platz 6 unter den Top 10 Rums für Genießer. Noch ein paar Fakten: gebrannt in Column Stills und gereift im Solera-Verfahren. Die jüngsten Preise sind eine Bronzemedaille beim German Rum Festival in Berlin 2013 und eine Goldmedaille beim International Spirit Award, ebenfalls 2013. Mit gut 45 Talern liegt der Panamaer (Panamalese?) allerdings auch einen Zehner über dem vorausgehenden Botucal.
Und nun zum Tasting!
Der Havana Club Selección de Maestros ist mit 45% Vol das alkoholhaltigste Destillat auf unserer Liste. Seine Farbe ist vergleichsweise hell. Schön ölig ziehen sich die Schlieren übers Glas, aber in der Nase bleibt zunächst ein stark alkoholisches Aroma hängen. Die Club Selektion ist sanft, ohne Brennen und Zwicken, im Geschmack aber sehr sprittig und alkoholisch. Kakao, Vanille und Honig – eben was man sich von einem Premium-Rum erwartet und womit das Destillat auch beworben wird - hinken dieser dominant ölig-sprittigen Note leider deutlich hinterher.
Der Pampero Aniversario, der preisgünstigste heute verkostete Rum, zeigt eine deutlich dunklere Farbe als der Havana Club. Auch hier riecht man noch den Alkohol, daneben lässt sich eine deutliche Süße aber nicht verleugnen. Tatsächlich gehen Duft und Geschmack dann auch Hand in Hand. Erst ein bisschen alkoholisches Brennen, dann angenehme schokolagige Süße, die noch für längere Zeit im Gaumen hängen bleibt.
Wieder einen Tick dunkler in der Farbe ist der Ron Zacapa Centario 23, der älteste Rum, der heute unter die Lupe genommen wird. Geschmacklich steht er dem Pampero Aniversario im Grunde genommen sehr nahe, nur dass hier sowohl im Geruch als auch im Geschmack der Alkohol kaum noch wahrnehmbar ist. Im Gaumen findet man vielleicht einen Tick mehr Honig als eben noch Schokolade beim Pampero. Wieder ist der Abgang lang und intensiv. Berücksichtigt man allerdings, dass der Ron Zacapa 23 gut das Doppelte des Pampero kostet, hat letzterer zumindest im Preis-Genuss-Verhältnis die Nase vorn.
Der nächste Kandidat, nämlich der Botucal Reserva Exclusiva, ist rein farblich von seinem Vorgänger kaum zu unterscheiden und besitzt einen tollen dunklen Bernsteinton. Kaum sind die Gläser gefüllt, empfängt uns ein unglaublich süßer Duft. Und im Gaumen? Die totale Melasse-Explosion! Süß und samtig ohne jeden Anflug von alkoholischer Schärfe. Dazu noch ein langer, intensiver Abgang und schon steht er fest, der Favorit des heutigen Abends, was ja auch dem Urteil des Herrn Schwarz entsprechen würde.
Bleibt zuletzt noch der Ron Millonario Solera 15 Reserva Especial. Wieder ein nahezu identischer Farbton, verglichen mit den beiden Letzten. Und wieder eine gewaltige Süße, die einem da entgegen zieht, dieses Mal aber mit einer interessanten Note, die bereits eine gewisse Komplexität im Geschmack erahnen lässt. Und tatsächlich findet man neben der zuckrigen Kandissüße auch würzige, nussige Noten mit Röstaromen. Der Abgang ist ähnlich lange wie beim Botucal, der Geschmack jedoch hat am Ende noch mehr Charakter. Mit diesem Rum an Bord lässt sich jede Meuterei im Keim ersticken! Fabelhaft!
Am Ende stehen die beiden Favoriten fest zementiert: Für meinen Vater, meinen Bruder und mich selbst belegt der Ron Millonario Solera 15 Reserva Especial den ersten Platz, dicht gefolgt vom Botucal Reserva Exclusiva.
Was die Plätze 3 bis 5 betrifft sind wir uns allerdings nicht so ganz einig. Der Havana Club landet einmal auf Platz 3 und zweimal auf Platz 5. Der Ron Zacapa 23 liegt einmal auf Platz 3. Zweimal auf Platz 4 und schließlich schafft es der Pampero Aniversario einmal auf 3, einmal auf 4 und einmal auf 5.
Worüber wir uns am Ende dann aber doch wieder einig sind: ein nächstes Tasting wird es geben und das wird dann auf jeden Fall als Blind Tasting vollzogen, da all die Hintergrundinformationen, die man mittlerweile halt so hat, vermutlich doch irgendwie in die Wertung mit einfließen.