Besser als Eierlikör: Unser Oster-Tasting-Outdoor-Abenteuer inklusive

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Sonderlich frühlingshaft war es ja nicht gerade, das Wetter am verlängerten Wochenende des höchsten Festes im christlichen Kirchenjahr. Das hielt die Outdoor-Fraktion aus unserer Mitte natürlich nicht davon ab, ein frisch erworbenes Leichtmaterial-Zelt im live-Betrieb zu testen – immerhin soll es ja während einer Reise nach Schottland als Heimstatt dienen. Bei diesem Klima und dieser Destination kam eigentlich nur noch eines in Frage: eine Erprobung von ausgewählten feinen Tropfen.

Kein Scherz: die halbe Redaktion von kühleszeug reiste bei strömendem Regen per Fahrrad quer durch die Stadt, um im Vorgarten der anderen Hälfte buchstäblich ihre Zelte aufzuschlagen (genauer gesagt ein nagelneues Zpacks Triplex, ein Hauch von Nichts, auf das die erstere Hälfte der Redaktion Stolz wie Bolle ist). Probeweise, versteht sich. Nach der bei diesem Wetter obligatorischen Nahrungsaufnahme (Grillen, was sonst?) und einer Aufwärmrunde am Kamin geht es dann zum angenehmen Nebenaspekt dieser Praxis-Produkt-Erprobung, dem noch gar nicht traditionellen Oster-Tasting. Eine Whisky-Verkostung ist mit diesem Kirchenfest genauso gut oder schlecht zu verbinden wie die landläufig bekannte Hasen- und Eier-Chose, von der in der Bibel ja auch eher weniger die Rede ist - gut, wir notieren gerne, dass man es hier wohl mit der oft anzutreffenden Vermischung von heidnischen Bräuchen und religiösen Anlässen zu tun hat, Hase und Ei dürften für die Fruchtbarkeit des wieder beginnenden Jahres stehen. Nachdem wir allerdings gleich etwas probieren wollen, dessen Bezeichnung immerhin Wasser des Lebens bedeutet und somit mindestens genauso gut mit diesem Termin harmoniert, können jetzt alle aufgeregten Volkskundler wieder Platz nehmen, bitte. Danke.   

Kern unserer heutigen Versuchsanordnung bilden drei Varianten aus einer unserer Lieblings-Brennereien: Glenfarclas, die man einfach nur sympathisch finden muss. Die nach wie vor als Familienbetrieb von der Grant-Sippe geführte, unabhängige Destillerie in der Speyside glänzt bekanntlich durch eine durchgängig hervorragende Qualität zu mehr als fairen Preisen. Markant ist dabei stets das Sherry-Aroma, das allen Abfüllungen aus diesem Hause zu eigen ist, und das wir heute in gleich drei Altersstufen erkunden wollen.

Um allerdings einen neutralen Startpunkt zu erwischen, beginnen wir mit einem klassischen Einsteigermodell, das für nicht wenige von uns vor vielen Jahren den Start in die Welt des single malt überhaupt darstellte: dem Glenlivet, den uns ein äußerst umgänglicher Englischlehrer (selbstverständlich privat und nach unserer Volljährigkeit!) mit den legendären Worten kredenzte, der Livet, der gehe doch schon ganz anders über die Lippen. Bis heute sind wir diesem Geist gewogen geblieben (warum genau er „The“ Glenlivet heißt, das berichteten wir schon anlässlich unserer Getränkereise). Hellgolden steht der 12jährige aus der Speyside im Glas und gefällt in der Nase auch heute wieder mit fruchtigen Noten von Apfel (Apfelwein, vermerken manche sogar), Blumenwiese und Getreide. Im Geschmack zeigt sich einhellig eine sehr milde, wenig aufdringliche Ausrichtung, die irgendwo zwischen malzig, holzig, vanilleartig und „primelig“ (was auch immer das sein mag) angesiedelt ist, aber auch einige alkoholische Schärfe mitbringt. Im Abgang ist der Geselle relativ schnell verschwunden – hübsch, kann man machen, ein netter Allrounder für Kenner und solche, die es werden wollen.

Der Glenfarclas 15 Jahre beginnt dann unseren Reigen der Sherry-Köstlichkeiten (die Basismodelle, den 10- und 12jährigen, empfehlen wir auch durchaus, heute lassen wir es aber gleich hochwertiger angehen). In einer bei Glenfarclas für die höheren Altersstufen charakteristischen dunklen Flasche kommt er auch im Glas bernsteinfarben daher (obwohl nicht gefärbt wird!) und duftet wunderbar weich deutlich nach Sherry (wie zu erwarten), Käsekuchen und Zitronentorte. Im Geschmack zeigt er sich dann entzückend ausgewogen, die dominierende Sherry-Süße balanciert mit Anklängen an Malz und Spuren von Rauch, die 46% bringen dabei ihre Stärke wohltuend ins Spiel. Der Abgang ist sehr mild und lang – wir schnalzen mit der Zunge und sind begeistert. Wunderhaftig!

„Wir sind enttäuscht vom Regen!“, gibt Zelttester Sebbes nun zu Bedenken – und zwar, weil es für den Probebetrieb wohl etwas zu wenig ist. Jedem das seine, wir schwenken über zum Glenfarclas 18 Jahre, einer Abfüllung, die als 1 Liter-Flasche ausschließlich im Duty Free bzw. Travel Value erhältlich ist (oder wahlweise beim Versandhandel Ihres Vertrauens). Deutlich heller im Glas steht er da (gold gelb, möchte man meinen, ebenso ungefärbt versteht sich) und verbreitet einen sehr aromatischen Geruch von Heu, Getreide, Limetten, Zitronen, Käsekuchen – insgesamt wirkt er fruchtiger und weniger Sherry-aufgeladen als der 15jährige Kompagnon. Der Geschmack zeigt sich dann trotz des höheren Alters und des geringeren Alkoholgehaltes (zu Buche stehen hier 43%) doch etwas rescher als beim Vorgänger: Äpfel- und Pflaumennoten verbinden sich mit Getreide-Anklängen und kraftvollem Eiche-Vanille-Elementen. Auf der Zunge deutlich heftiger als der 15er, entfaltet diese Variante einen langen Abgang, der nochmals den kräftig-würzigen Charakter mit Zitrone und Muskat betont. Wir stellen erstaunt fest: in unserer Runde kommt der drei Jahre jüngere Geselle mit seiner wunderbar ausgewogenen Süße besser an – wobei auch die 18-Variante definitiv einen Blick wert ist.

Richtig zappenduster wird es dann beim  Glenfarclas 105 Cask Strength – aber natürlich nicht in Sachen Qualität, sondern eher bezüglich der Verpackung: Röhre und Label sind in noblem Schwarz gehalten. Erste scherzhafte Vermutungen, dieser Tropfen sei mit 105 Jahren durchaus lange gereift, legen wir schnell beiseite: die Angabe 105 bezieht sich natürlich auf den Alkoholgehalt, der im angelsächsischen System bei 105 Degrees British Proof liegt und der Fassstärke von 60% entspricht, mit dem George S. Grant diese Variante 1968 erstmals abfüllte. Das tut man dankenswerterweise bis heute, denn der 105er bietet ein echtes Highlight. Tief golden grüßt er Kollege aus dem Glase, sofort umschwirren zupackende Noten von dunkler Schokolade, Kuchen, Karamell, dunklen Früchten und auch leicht chemisch-klebstoffartigen Zügen die Nase. Nun mutig einen Schluck genommen, und da steht er sofort da in vollem Antritt, die Schokolade kommt mächtig, weg sind die Zitrus-Elemente der Vorgänger. Hier geht es ins tief aromatische, vollmundige, mit viel Würze verbinden sich Eiche und Sherry zu einer kraftvollen Kombination, wobei wir uns einig sind: alkoholisch kommt er nicht daher, sondern angesichts der Stärke überraschend mild. Dieser Eindruck verstärkt sich noch nach dem hier obligatorischen Tropfen Wasser – die Aromen breiten sich noch abgerundeter aus, Sherry und Obstnoten treten deutlicher hervor, ein wenig Rosinen und Aprikosen ergänzen den fulminanten Eindruck. Der Abgang gestaltet sich erwartungsgemäß lang, voll und eindrucksvoll. Im Reiche der Cask Strength Whiskies, die oft etwas übermächtig auftreten, glänzt der Glenfarclas durch Eleganz und Stil – und das bei einem kaum zu schlagenden Preis-/Leistungs-Verhältnis. Klar unser Testsieger!

So erwärmt, wenden wir uns nun der metallischen Jugend zu und bestaunen einige Konzertausschnitte von einschlägigen Kombos, bevor sich die Zeltfraktion trotz hartnäckig unzufriedenstellender Regenlage (es mag partout nicht zu schütten anfangen, so ein Ärger aber auch) in die Heimstatt auf der Wiese zurückzieht. Wir wünschen angenehme Ruhe und nehmen lieber noch einen Schluck.