Symphonien in Schlamm und Watt-Wanderungen zur Bühne: das war das Wacken Open Air 2017

02-05.08.2017 Wacken

2017-08-04_14-42-07.jpg

Rain or shine, dieses Motto scheint beim mittlerweile wohl bekanntesten Metal-Festival des Planeten zum Programm zu gehören wie die örtliche Feuerwehr. Auch in diesem Jahr musste man Wetter-Kapriolen überstehen, um in den Genuss herausragender Highlights wie etwa Volbeat und Accept mit Orchester-Unterstützung, aber auch kurioser Totalausfälle wie einen nicht anwesenden Marilyn Manson zu kommen. Unverdrossen machten sich Ray, Kai und Katarzyna, die Auslandskorrespondenten unserer Schwesterpostille www.heavyhardes, dennoch auf den Weg in den hohen Norden...

Es ist die erste Woche im August, und die Reisedelegation befindet sich in gewohnter Aufstellung einmal mehr auf der langen Reise von Bayern nach Schleswig-Holstein, wo das Wacken Open Air Metalheads aus aller Welt zusammenbringt. Trotz wirklich unzähliger Baustellen auf allen betroffenen Autobahnen, kommen wir am Mittwoch erstaunlich gut durch, was wohl daran liegt, dass schon seit langem Montag und Dienstag die Hauptanreisetage sind und Mittwoch nur mehr ein paar Nachzügler der 75.000 erwarteten Fans eintreffen. So viele dürften es wohl heuer mal wieder sein, nachdem die Veranstalter relativ kurz vor dem Event doch noch den Ausverkauf verkünden konnten. In den letzten Jahren waren ja alle Tickets bereits 48 Stunden nach Verkaufsbeginn vergriffen und man könnte lange darüber diskutieren, welche Gründe es nun haben mag, warum das dieses Jahr so lange gedauert hat. Manch einer sieht als Ursache den Umstand, dass das Festival in den letzten beiden Jahren nach üppigen Regenfällen quasi im Schlamm versunken ist. Kein gutes Omen! Schließlich hat es die letzten beiden Wochen beinahe ständig geregnet, hier im hohen Norden.

Als wir dann am frühen Nachmittag eintreffen, dürfen wir feststellen, dass die Zeltplätze in erstaunlich gutem Zustand sind – die Veranstalter waren ja so freundlich und haben uns heuer auf unterschiedlichen Plätzen einquartiert, nachdem die Akkreditierungen für kleinere Magazine gekürzt wurden. Aber egal, es mangelt ja nicht an Orten, wo man sich treffen und verabreden kann.

Der erste dieser Orte ist der Biergarten, wo wir uns alle zur Band Whiskeydick treffen wollen. Zuvor bleibt ein kurzer Rundgang über das Festivalgelände, das sich ebenfalls noch erstaunlich grün präsentiert, natürlich nicht aus. Irgendwelche Neuerungen gibt es ja jedes Jahr zu entdecken. Meist kursieren hierzu im Vorfeld im Internet die wildesten Gerüchte! Letztes Jahr beispielsweise war die Rede von einem Riesenrad und heuer gar von einer Seilbahn, welche die Ortschaft mit dem Wacken Center verbinden sollte. Außerdem sollten drei gewaltigen Platzhirschen vom Jägermeister im Infield stehen! Wie gesagt – alles nur Gerüchte. Im Großen und Ganzen ist heuer das Meiste beim Alten geblieben. Die drei Hauptbühnen im Infield bekamen ein neues Design sowie neue Namen und heißen nun Faster, Harder und Louder Stage. Im Infield wurden Drainagen gezogen, um eventuellen Regengüssen besser Herr zu werden, und die Bierstände im Infield werden über eine unterirdische Bier-Pipeline mit Nachschub versorgt, worüber im Vorfeld ja viel berichtet wurde. Im Wackinger Village wurden die Wackinger Stage und die Wasteland Stage anders arrangiert und ja, im Infield gibt es wieder dengroßen Platzhirsch, allerdings nur einen an der Zahl und am selben Ort wie letztes Jahr.

So far, so good! Sprach einst der Mega-Dave, also begeben wir uns ins Getümmel, nämlich in den Biergarten, wo wir zuerst in der Lemmy-Bar landen, um eine Runde Jacky-Cola auf die Rock-Ikone zu trinken. Im Biergarten selbst geht es erstaunlich entspannt zu und es ist kein Problem bis in die vorderste Reihe vor der Beergarden Stage zu wandern. Gut so, denn es lohnt sich. Mit Fritz und Referend Johnson sitzen dort nämlich zwei beleibte und schwerst tätowierte Ausnahmemusiker aus Texas auf ihren Stühlen, die seit einiger Zeit unter dem Namen Whiskeydick musizieren und mit ihrer Show ein erstes kleines Highlight am Rande der großen Bühnen und internationalen Stars dieses Festivals liefern. Mit nur zwei Gitarren und einem mitreißenden Mix aus Southern Rock, Country und Bluegrass haben die beiden Schwergewichte, die hierzulande wirklich nicht oft zu bestaunen sind, den Biergarten schnell auf ihre Seite gezogen. Songs wie „Bastard Sons Of Texas“ und „Drunk As Hell“ machen ebenso Laune, wie die Coverversionen „Hate & Whiskey“ von Nashville Pussy oder „In This River“ von Black Label Society. Witzig und alles andere als jugendfrei kommen die Texte daher, die dann von Sänger Fritz mit einem Bassbariton, wie man ihn seit Johnny Cash nicht mehr vernommen hat, derart fabulös in Szene gesetzt werden, dass es einem glatt die Gänsehaut aufzieht. Grandioses Finale ist der Song „Fallen Heroes“, der in erster Linie Dimebag Darrel von Pantera gewidmet wird. (Kai)

Regelrecht geflasht vom gerade Erlebten, das sogleich noch mit einem Whiskey-Cola in Lemmys Bar gewürdigt werden musste, begeben wir uns in Richtung Wacken Plaza, wo sich gerade ganz andere Szenen abspielen, als eben noch im gemütlichen Biergarten. Der Andrang zum riesigen Zelt namens Bullhead City Circus, in dem wie gewohnt die beiden Bühnen W:E:T Stage und Headbangers Stage untergebracht sind, ist derart groß, dass die Securities den Einlass in den Vorbereich dicht machen und hunderte Wartende dumm aus der Wäsche schauen. Eine Maßnahme, die aber leider notwendig ist, denn das gewaltige Zelt platzt wahrhaft aus allen Nähten! (Kai)

Doch gut, wenn man einen Pressepass hat und diesen auch zu benutzen weiß. So gelangen wir also über den Ausgang hinein, wo Ugly Kid Joe fast schon in den letzten Zügen ihres Sets liegen. Das Zelt ist wirklich ziemlich voll als „Goddamn Evil“ durch die PA schallt und die Menge steil geht. Als nächstes wird zu Ehren von Lemmy noch „Ace Of Spades“ gecovert (das man an diesem Wochenende wohl nicht das letzte Mal zu hören bekommt) ehe „Everything About You“ dann auch schon den Schlußstrich zieht. Unter tosendem Beifall wird die Band verabschiedet. (Raimund)

Gleich im Anschluss spielen auf der benachbarten Headbangers Stage die US-Thrash-Veteranen von Annihilator, zu welchem Zweck wir uns auch etwas weiter ins Gedränge wagen. Keine gute Idee! Denn der Sauerstoffgehalt in dieser überdimensionalen Sardinenbüchse wird zunehmend geringer, als Jeff Waters und seine Crew mit neuem Songmaterial in ihr Set einsteigen. Spätestens als mit „W.T.Y.D.“ ein erster Klassiker vom Meilenstein Alice In Hell vom Stapel gelassen wird, gerät das Zelt an einen Siedepunkt. Irgendwie kann sich trotz der vorherrschenden Enge sogar ein Circle-Pit vor der Bühne etablieren, das Gedränge wird größer und der Sauerstoffgehalt immer kleiner. Als dann mit „Alison Hell“ noch einer oben drauf gepackt wird, bin ich schon dabei, mich durch die Reihen in Richtung Frischluft zu pressen. Schade, aber am Ende dieses langen Tages inklusive Anreise ist das dann tatsächlich nichts mehr für mich. Oder ich bin tatsächlich schon zu alt. Durchaus möglich, dass das Alter da tatsächlich was damit zu tun hat. Schließlich ist Ray noch früher aus dem Zelt geflüchtet.(Kai)

Da man ohne Presse-Armband zu dieser Zeit keine Chance mehr hat, noch ins Zelt zu kommen, bleibt für alle, die draußen bleiben mussten und sich nicht die Beine in den Bauch stehen wollen, schließlich noch die Wackinger Stage als Alternative. Dort spielt ein mittelalterliches Kollektiv namens Irdorath und bedient im Grunde alle Klischees, die die Szene so zu bieten hat. In archaischen Gewändern liefern die Herren und eine leicht bekleidete Dame am Dudelsack, die vor allem die Blicke der männlichen Anwesenden auf sich zieht, tanzbare Melodien, die vom zahlreich anwesenden Publikum auch ganz gut angenommen werden. Verglichen mit dem, was sich laut Bericht meiner Kollegen im Zelt gerade abspielt, ähnelt der Auftritt von Irdorath allerdings eher einem gemütlichen Kaffeekränzchen mit etwas Schunkeln und Klatschen zu angenehmer Musik. (Katarzyna)

Nach dem leicht bekleideten Auftritt von Idorath verweile ich noch ein wenig auf der Wackinger Plaza und geselle mich vor die Wasteland Stage, wo gleich die Show von Lady Kitty's Hell's Belles beginnt. Dabei handelt es sich weniger um einen Musik- als vielmehr um einen Showact. Unter Beifall von den überwiegend männlichen Zuschauern werden Choreographien sowie Poledance Einlagen dargeboten, wobei die Kleidungsstücke der Damen nach und nach weniger werden, bis auch fast das letzte Stückchen fällt. Für eine Hobbydarstellung ganz gut anzusehen und Respekt an die Damen. Mancher Zuschauer, vor allem die nicht ganz unbeleibten, würdigen das Gesehene mit „Anziehen“-Rufen, was angesichts der selbstdarstellenden Körperfülle grotesk erscheint. (Katarzyna)

Wieder vereint ziehen wir im Anschluss also noch einmal zurück in den Biergarten, wo unter dem Stichwort Berlinalstarz Live Karaoke ein jeder mutige Metalhead seinen persönlichen Hit singen darf und dabei von einer Liveband begleitet wird. Da der Mut bei vielen allerdings erst durch Alkohol erweckt werden musste und man natürlich lieber in der Gruppe als alleine dort oben steht, gerät das Gehörte schnell zur Katzenmusik. Nicht auszuschließen, dass an diesem Abend auch ein paar echte Talente noch den Weg auf die Bühne finden. Diese bleiben uns aber vorenthalten, da wir nach ein paar Hörproben dann doch lieber den Rückweg zu den Zelten bevorzugen. (Katarzyna)

Dieser Weg zurück zum eigenen Zelt führt erneut an der Wackinger Stage vorbei, wo gerade Versengold als letzter Act des Tages spielen. Der Folk Rock zieht noch einige Fans vor die Bühne, auch wenn es in den letzten Jahren um diese Zeit immer voller war vor der Wackinger Stage. Aber der Band kann man keinen Vorwurf machen, sie machen ihre Sache einwandfrei. Und so laufen Songs wie „Versengold“ oder „Drey Weiber“ um diese Zeit noch ordentlich rein und machen Laune. Darauf noch ein Horn Bier und dann ab in die Federn. (Raimund)

 

Donnerstag

2017-08-03_20-01-55.jpg

Es dürfte etwa früh morgen um 5.00 Uhr sein, als ein leichter Regen einsetzt, der sich dann aber hartnäckig für die nächsten drei Stunden hält. Besorgniserregend einerseits, aber zu dieser frühen Stunde auch durchaus willkommen! Schließlich kann man nun noch etwas länger im Zelt liegen bleiben und relaxen, da sich das mobile Eigenheim nicht bei den ersten Sonnenstrahlen aufheizt und zur Sauna verwandelt. Ehe wir uns wieder ins Getümmel stürzen, sei noch eine kleine Anekdote erzählt, die den „regulären“ Festivalbesucher zwar nicht betrifft, aber dennoch einen amüsanten Exkurs darstellt. Sie handelt vom kleinen Leid der ach so privilegierten Pressevertreter und ließe sich am besten unter dem ZZ-Top-Titel „Waiting For The Bus“ platzieren:

Der Zeltplatz für Pressevertreter, VIPs und Musiker kleinerer Bands befindet sich nämlich recht weit draußen, quasi im Outback zwischen den Orten Bokelrehm und Wacken. Je nach Zielpunkt braucht es da schon 20 bis 30 Minuten, um das Festivalgelände fußläufig zu erreichen. Daher wurde ein Bus-Shuttleservice eingerichtet, der bis etwa 15:00 Uhr einen Bus bereitstellt und danach zwei. Da gerade zur Mittagszeit der Andrang an der Haltestelle beim Zeltplatz dermaßen groß ist, muss man allerdings damit rechnen, gar keinen Platz im Bus mehr zu bekommen und auf den nächsten warten zu müssen, was im schlechtesten Fall eine Wartezeit von bis zu 40 Minuten bedeuten kann. Um das zu entzerren dürfen beispielsweise Musiker mit „Artist“ auf ihrem Bändchen den Bus nur einmalig benutzen, um zu ihrem Auftritt zu kommen. Sonst müssen sie grundsätzlich laufen! Aber selbst dieses Laufen ist einem strengen Reglement unterworfen, insbesondere wenn man als Pressevertreter freiwillig den Fußmarsch in Kauf nimmt, um auch sicher rechtzeitig bei der nächsten anstehenden Band zu sein. Den kürzesten Weg dürfen nämlich nur Personen mit Artist-Bändchen benutzen, mit Presse-Bändchen muss man einen weiteren Umweg laufen, darf den kurzen Weg aber wenigstens auf dem Rückweg benutzen. Was für die einen also in beide Richtungen begangen werden darf, ist für die anderen eine Einbahnstraße. Kompliziert? Eigentlich nicht. Kompliziert wird das ganze erst durch den Faktor X. Der besteht darin, dass die Nutzungsregeln für das öffentliche Straßen-und Fußwegesystem im Tagestakt und je nach Security-Vertreter einer täglichen Änderung unterliegen, sodass man im Grunde genommen niemals so genau wissen kann, wie man wohin gelangt und wie lange man dafür braucht. Juhu! Wir schalten zurück zu Kaska, die sich einmal mehr im Biergarten eingefunden hat. (Kai)

Ja, der Biergarten erwies sich schon in den letzten beiden Jahren als sicherer Zufluchtsort für alle, die sich nicht durch den tiefen Modder kämpfen wollen und er bietet auf der kleinen aber feinen Beergarden Stage zudem manch richtig gute Band. Wie schon letztes Jahr wurden auch heuer wieder The O´Reillys And The Paddyhats für alle vier Festivaltage verpflichtet, um hier für Stimmung zu Sorgen und diese Aufgabe meistern die sieben Musikanten auch in diesem Jahr gar vortrefflich! Auf dem Plan stehen freche und rasant vorgetragene Irish-Folk-Punk-Rock-Hymnen, die zum Tanzen und Mitsingen einladen. Dazwischen wird geschickt manch ein Traditional platziert und das Geschehen mit Fahnenschwenkern und einem Stepptänzer auch optisch aufgepäppelt. Ab der ersten Nummer „Paddyhats“ ist die Stimmung vor der Bühne ausgezeichnet, die Musiker haben sich hier in Wacken eben schon eine eigene Fangemeinde erspielt. Doch dann passiert es! Nach etwa fünf Songs überkommt uns aus heiterem Himmel ein Wolkenbruch, wie ihn das W:O:A wohl noch nicht erlebt hat. Binnen zehn Minuten fallen etwa 30 Liter Wasser pro Quadratmeter, wie wir später auf der Pressekonferenz erfahren sollen, und verwandeln das Festival nun zum dritten Jahr in Folge in ein riesiges Schlamm- und Seenland. Auch die Beergarden Stage steht unter Wasser, der Gig muss abgebrochen werden und vor der Bühne verbleiben einige Hardliner, die schließlich die Rückkehr der Band für ein paar wenige Songs, darunter der Hit „Barrels Of Whiskey“, erleben dürfen und entsprechend abfeiern. (Katarzyna)

Zur selben Zeit irgendwo im Outback der Campingplätze: Ausgerechnet heute entscheide ich mich, nicht besagten Bus zu nehmen und statt dessen den Fußmarsch über den Campground zu nehmen, um ein paar Eindrücke fotografisch festhalten zu können. Tja, erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Und drittens verdammt schnell. Eben noch kein Tröpflein, schon schüttet es aus allen Schleußen, die Petrus mal eben gefunden hat. Dazu ein laues Lüftlein, so dass der Regen quer daher kommt. Ja, so kennt man das W:O:A. Nach etwa einer Viertelstunde ist das gröbste überstanden und der Schreiberling völlig durchnässt. Daher wird kurzfristig umdisponiert und die Zeltbühne angesteuert, man(n) will ja nicht, dass einem das Bier bei dem Regen verwässert. Auf der W.E.T.-Stage ist eben noch der unausweichliche Mambo Kurt zugange, der sich heute auf die Interpretation nur deutscher Songs konzentriert. So kommen also Rammstein („Engel), Die Ärzte („Zu Spät“) und auch Echt ("Du hast keine Liebe in dir“) in den Genuss, von der Hammond Orgel intoniert zu werden. Egal, den Leuten gefällts, es wird fleissig mitgesungen und das Bier schmeckt. (Raimund)

Wir schwenken wieder in den Biergarten: Die Looser-Karte haben schließlich die nun folgenden Tears For Beers gezogen. Denn nach Abzug der Paddyhats gleicht der Biergarten tatsächlich einem Weisenhaus und nur ein paar wenige Schaulustige befinden sich noch vor die Bühne. Schade eigentlich. Denn im Grunde bedienen die älteren Herren mit ihrem multinationalen Folkrock, durchaus dasselbe Klientel wie eben noch die O´Reillys und die Paddyhats. Wenigstens lassen sich die übrigen Anwesenden nicht lumpen und schwingen zu den fröhlichen Nummern unbekümmert das Tanzbein inmitten der großen Pfütze, die sich nun vor der Bühne gebildet hat. (Katarzyna)

Zur selben Zeit im Infield müssen auch Skyline, die mal wieder das Treiben auf den beiden Hauptbühnen eröffnen, gegen das Wetter anspielen. Zwar muss der Auftritt nicht abgebrochen werden, die plötzliche Sintflut lichtet die Reihen vor der Bühne jedoch arg aus. Daran kann schließlich auch Metal-Sirene Doro Pesch, die schon seit langem irgendwie zum Inventar des W:O:A gehört, nichts ändern. Gerade als sie mit ihrer Wackenhymne „We Are The Metalheads“ in gewohnt euphorischer Manier die restlichen Verbliebenen vor der Bühne so richtig rocken will, setzt ein neuer Regenschauer ein, womit der Festival-Auftakt im Infield im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen ist. (Kai)

In guter Erinnerung aus dem letzten W:O:A sind mir Sub Dub Micromachine geblieben, also steuere ich erneut die Wasteland Stage an, wo die Band mit ihrem Industrial Metal für reichlich Resonanz sorgt. Songs wie „Don't Bring Me Down“, „Looza“ oder „Fly“ sprechen dann auch sogleich die Nackenmuskulatur an, die zu zucken beginnt. Die Band hat sichtlich Spaß und die Fans danken es ihr. So und nicht anders soll das sein. (Raimund)

Dann folgt das erste Highlight des noch jungen Tages. Und das sowohl akustischer als auch optischer Natur. Die schwedischen Mädels von Thundermother beackern die Beergarden Stage und dürfen sich über zahlreichen Zuspruch, vor allem männlicher Fans, vor der Bühne erfreuen. Ist aber auch kein Wunder bei dem Augen- und Ohrenschmauß. Und dass die Schwedinnen nun auf der Bühne stehen, ist auch keine Selbstverständlichkeit, immerhin hatten Thundermother erst im Januar dieses Jahres eine Auszeit angekündigt. Aber schon kurz danach verabschiedeten sich bis auf Gitarristin Filippa Näsil alle Bandmitglieder. Nun, neu formiert, rocken die Mädels so richtig ab. Mit im Gepäck haben sie ihre neue Single „We Fight For Rock N Roll“, die auch mächtig Popo tritt und auch aus der Feder einer bestimmten australischen Band mit vier Buchstaben stammen könnte. Schöner, erdiger Heavy Rock, dazu eine Gitarristin, die auch schon mal mit der Bierflasche die Gitarrentabulatur bearbeitet sowie eine Sängerin, die ordentlich rockt. Da wäre eine Auszeit wirklich fehl am Platz gewesen. (Raimund)

Nach einem kleinen Ewigkeitsmarsch komme ich bei den Zeltbühnen an, wo gerade die Osnabrücker Dawn Of Disease ihren melodischen Death Metal durch die PA drücken. Der Circle-Pit ist bereits bei einer ordentlichen Drehzahl angelangt, auch wenn das Acting auf der Bühne etwas statisch anmutet. Egal, den Fans vor der Bühne gefällts und mit „Ascension Gate“ gibt es auch einen Song vom neuen, zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienenen gleichnamigen Album. Weiter geht’s mit etwas Blast („Knife Vs. Flesh“), bei dem Sänger Tomasz nur lapidar fordern „Macht was draus...“. Gesagt, getan, Auftrag erledigt. Die Halswirbel wieder an die richtige Stelle gerückt und ein Bier geordert. (Raimund)

Diesmal muss ich mich gar nicht so viel bewegen, denn weiter geht’s gleich auf der benachbarten W.E.T Stage. Aus dem schönen Schwarzwald kommen die Blackies Imperium Dekadenz und kredenzen uns eine gut abgehangene schwarzmetallische Schlachtplatte. Der Anfang ist noch etwas verhalten langsam, dafür aber umso mächtiger. Die Jungs zeigen, dass ordentlicher Schwarzmetall auch ohne Corpsepaint auskommen kann. Ist aber auch kein Wunder, wenn man Songs wie „Only Fragments Of Light“ oder „Pure Nocturnal Rome“ mit im Gepäck hat. Die Fans gehen dezent steil und so ist der Gig schneller wieder vorbei als einem lieb ist. (Raimund)

Ganz nach dem Motto „Sonne macht albern“ verweile ich noch etwas bei den Zeltbühnen lass mir mal eben gepflegt den Ohrschmalz aus dem Mittelohr hämmern. Die Belgier Aborted geben sich die Ehre und zerlegen mal eben das Zelt. Dabei dürfen sie auch auf die Unterstützung der zahlreichen Anhänger vor der Bühne rechnen, die permanent steil gehen. Das macht sich auch am immer geringer werdenden Sauerstoffgehalt bemerkbar, und so zieht es mich dann doch noch nach draußen. (Raimund)

Nach kurzem Stop am Zeltplatz, um sich für die aufziehende Kälte zu rüsten und durchnässte Klamotten auszutauschen, geht es zurück ins Infield, wo mit Status Quo eine der ältesten noch aktiven Rockbands dieses Planeten ihr Live-Debüt gibt. Der kürzliche Tod von Gitarrist Rick Parfitt ließ befürchten, dass der Gig vielleicht nicht zustande kommt, aber dennoch sind sie nun hier und rocken das regnerische Wetter regelrecht hinfort. Ganz im Ernst – zu einer gutgelaunten Band wie Status Quo kann doch eigentlich nur die Sonne scheinen, sind sie doch der Inbegriff für Good-Time-Rock`n´Roll. Genau so passiert es schließlich auch. Die Wolken verkrümeln sich und die Sonne kommt hervor, so dass zeitlose Klassiker wie „What You´re Proposing“, „Rockin All Over The World“, „Whatever You Want“ und insbesondere „In The Army Now“ von den mittlerweile massig eingetroffenen Fans brav mitgesungen werden können. Unterdessen verwandelt sich der Boden unter unseren Füßen dank tausender im Boogie-Rhythmus tanzenden Fans mehr und mehr zum gefürchteten Wacken-Schlamm, der Kraft und Ausdauer von uns allen in den nächsten Tagen noch gehörig auf die Probe stellen wird. (Katarzyna)

Wir bleiben gleich am Ort des Geschehens und schwenken hinüber zur Faster Stage, wo nun ein ganz besonderes Schmankerl auf uns wartet. Accept, Deutschlands wohl älteste Metal-Institution, hat sich für diese Night To Remember etwas ganz besonderes überlegt, nämlich einen dreiteiligen Gig, der sich über zwei Stunden Spielzeit erstrecken soll. Los geht’s noch recht traditionell mit einigen neuen sowie brandneuen Stücken vom Album The Rise Of Chaos, das morgen erscheinen wird. Auf die bekannten Riffs „Restless And Wild“ fahren die Fans vor der Bühne natürlich völlig ab und das Eis ist erstmal gebrochen (wenn es überhaupt jemals eines gegeben hat). Dann fällt das Backdrop und enthüllt das Tschechische National Symphony Orchestra. Mit dieser gewaltigen Unterstützung spielen Accept nun in den Sonnenuntergang. Gitarrist und Klassik-Fan Wolf Hoffmann präsentiert für etwa eine halbe Stunde Songs von seinem Solo-Album Headbangers Symphony, wo klassische Orchestermusik und bekannte Themen von Mozart, Vivaldi, Beethoven & Co auf treibendes Schlagzeug und schwere Gitarren triffen. Begleitet wird das Ganze von einer tollen Lightshow und kosmischen Szenarien auf der großen Videowall. Dann kehrt endlich Sänger Mark Tornillo auf die Bühne zurück, um den letzten Part, auf den wir alle schon gewartet haben, einzuläuten. Erst die Riffs von „Princess Of The Dawn“, dann der Orchestereinsatz und Gänsehaut ist garantiert. Während eines ausgewogenen Mix aus alten Klassikern und neuen Hits – „Stalingrad“ und „Dark Side Of My Heart“ machen sich dabei ebenso gut wie „Fast As A Shark“, „Breaker“ und das gewaltige „Metalheart“ – türmen sich in unserem Rücken immer wieder dunkle Wolken zu bedrohlichen Türmen auf. Aber, dem Nordwind sei Dank, das Wetter hält und verhilft der sympathischen Band zu einem denkwürdigen Auftritt, der natürlich mit „Balls To The Wall“ beene. (Kai)

Wir machen einen kurzen Abstecher zur Wasteland Stage, wo eben die Würzburger Null DB vor einer überschaubaren Zahl spielen (was angesichts des musikalischen Schwergewichts auf der Hauptbühne auch kein Wunder ist). Vielleicht liegt es auch am abgemischten Sound, aber von Druck bei den Songs kann nicht wirklich die Rede sein, und so kann man die Leute vor der Bühne eher als Zuschauer denn als Fans bezeichnen. Mein Weg führt mich jedoch weiter zur Harder-Stage, um den Rest unserer Crew zu treffen. (Katarzyna)

Dort hat sich bereits eine ordentliche Menge an Fans versammelt, das komplette Infield ist voll von vorne bis hinten. Gut, erfahrungsgemäß könnte man am Rande der Menge noch ein gutes Stück weit nach vorne kommen, aber da es bereits dunkel ist und man bei dem Modder nicht weiß, geschweige denn sieht, wohin man tritt, genieße ich den Set aus der Ferne. Hat ja schließlich auch was, denn so kann man die Untermalung auf den Videoleinwänden ebenso verfolgen. Die Dänen von Volbeat haben ihre Setlist weise gewählt, so dass für so ziemlich jeden was dabei ist. Den Einstand markiert „The Devil's Bleeding Crown“, dem das flotte „Wild Rover Of Hell“ folgt. Man merkt Volbeat an, dass sie es inzwischen gewohnt sind, vor einer großen Menge zu spielen, das Set kommt sehr souverän daher. Nett anzusehen ist auch das Meer an Handydisplays, welches fast das ganze Konzert hindurch zu sehen ist..... da konzentrieren sich wohl einige Anwesende mehr aufs aufnehmen, statt aufs abfeiern. Das kann man ganz locker zusammen mit „Lola Montez“. Zwischendurch gibt Michael Poulsen auch ein spontanes W:O:A-Ständchen zum Besten, ehe es im Set weitergeht. Die Melodie vom Johnny Cash Klassiker „Ring Of Fire“ bildet im Anschluss den Einstand zu „Sad Man's Tongue“. Die bereits erwähnten Videoleinwände zeigen überwiegend das Geschehen des digitalen Backdrops, die Musiker werden nicht ganz so oft wie erhofft gezeigt. Und wenn, dann auch nur im Stile des Covers von Outloaw Gentleman & Shady Ladies, sprich Schwarz-weiß mit einem Hauch blau. Passt aber als Gesamtbild. Weiter geht’s, Schlag auf Schlag. „For Evigt“, „Dead But Rising“ und „Seal The Deal“ dürfen natürlich nicht fehlen, ehe sich der Set dann langsam aber sicher – trotz verlängerter Spielzeit- dem Ende nähert. Hier wird es dann nochmal ergreifend, „Goodbye Forever“ wird Chris Cornell und Chester Bennington gewidmet, besser hätte man dies nicht in Szene setzen können. Damit bekommt der Song eine gehörige Portion Melancholie mit. Dass die Dänen aber auch anders können, zeigen sie gleich im Anschluss mit „Evelyn“ mit Unterstützung von Barney... eben noch mit Napalm Death auf der Headbangers Stage, nun also bei Volbeat auf der Harder Stage. „Fallen“ und „Still Counting“ bilden dann den finalen Schlusspunkt unter einem eindrucksvollen Auftritt. Genauso, wie man es von den Dänen auch erwartet. Hat Spaß gemacht. Müde geht’s es zum Schlummertrunk zurück zum Zelt. (Raimund)

Freitag

Der Freitag empfängt uns mit angenehmen Temperaturen und einem Mix aus Sonne und Wolken, wie es im Wetterbericht immer so schön heißt. Eigentlich wäre heute gleich um 12:00 Uhr der Gig von Lacuna Coil auf meinem Plan gestanden, aber irgendwie habe ich das zeitlich nicht hinbekommen. Der Gang zum Festivalgelände, es ist nun etwa 13:00 Uhr, führt die Folgen der gestrigen Regenfälle nun erstmals bei Tageslicht vor Augen. Zum dritten Jahr in Folge versinken große Teile von Infield, Wacken Center, Metal Markt und Biergarten in mehr als knöcheltiefem Schlamm, oder sollte ich besser sagen Pudding, während Wackinger Village und Wacken Plaza vergleichsweise gut abgetrocknet sind.

Nichts desto trotz kämpfe ich mich durch den Morast, um einen Blick auf Sanctuary zu werfen. Warrel Dane hatte mit der Band Nevermore ja einige mega-erfolgreiche Karrierejahre verbringen können, die Resonanz am heutigen Tag auf Santuary hält sich jedoch arg in Grenzen. Vor der Faster Stage haben sich jedenfalls nur sehr wenige Schaulustige und Fans eingefunden und auch ich verbringe nicht allzu viel Zeit vor der Bühne. Das progressive Material ist mir zu so früher Stunde einfach einen Tick zu anstrengend, außerdem sollte man ja auch nicht zu lange an einem Fleck stehen bleiben, da sonst der Oktopus-Effekt des Wacken-Schlamms einsetzt. Im Ernst, die Saugkraft dieses Modders sollte man nicht unterschätzen! Die zieht einem Glatt die Latschen von der Ferse! Daher begebe ich mich in Richtung Händlermeile und Biergarten, wo ich mich mit Kaska verabredet habe. (Kai)Selbe Zeit, andere Bühne. Die Bands, die dieses Jahr die Louder Stage beackern dürfen, sind wahrlich nicht zu beneiden. Der Modder steht stellenweise fast knietief und man muss aufpassen, wo man hin latscht, damit einem die Suppe nicht von oben in die - mittlerweile ja zur Standardausstattung gehörenden - Gummistiefel läuft. Auch Clawfinger haben mit diesen Umständen zu kämpfen, normalerweise sorgt die Band ja für mächtig Bewegung vor der jeweiligen Bühne, aber heute ist Stillstand angesagt. Zak Tell, in einen schicken Testbildschirmanzug gewandet, versucht sein bestes, aber so richtig Stimmung und Bewegung mag nicht aufkommen. Und das trotz Songs wie „A Whole Lot Of Nothing“, „Rosegrove“ oder das zum festen Bestandteil eines jeden Sets gehörende „Nigger“. Zwischenzeitlich setzt auch wieder Regen ein, der aber nach Zak's Theorie weggeklatscht werden kann.... und es funktioniert. Nach „Biggest & The Best“ ist dann zwar erstmal Schluss, aber die Zugabe-Rufe werden erhört und „The Price We Pay“ wird durch die PA gejagt. (Raimund)

Bedauernswerte Verlierer auf der Biergartenbühne scheinen in diesem Jahr die Herren von Tears For Beers zu sein. Wie schon gestern, so peitscht auch heute wieder ein Regenschauer über das Gelände. Vor der Beergarden Stage findet man daher eine große Pfütze, aber keine Fans, als die Kieler Band mit Banjo, Akkordeon und Geige nebst der obligatorischen Rock-Instrumente ihren temporeichen Gute-Laune-Folk zum Besten gibt. Aber morgen bekommen die Herren ja noch eine Chance und haben vielleicht mehr Glück. Verdient hätte es die sympathische Band auf jeden Fall. (Katarzyna)

Zum Glück hat der Regen heute nur ein kurzes Gastspiel und wir schwenken vor die Harder Stage. Dass die teutonischen Metaller von Grave Digger mit ihrer Mucke im Moment vielleicht nicht mehr ganz am Puls der Zeit liegen, zeigt der Zuspruch bei ihrem heutigen Konzert. Obwohl sich Chris Boltendahl und seine Mannen ein ganz besonderes Set haben einfallen lassen - gespielt werden Songs der drei kommerziell erfolgreichsten Alben Tunes Of War, Knights Of The Cross und Excalibur - war die Stimmung im Publikum in früheren Jahren einfach besser. Da wurde mitgesungen, was das Zeug hält, da konnte man sich von Crowdsurfern zum Teil nicht erretten. Aber gut, vielleicht hat sich ja auch das Publikum ein wenig geändert, ist braver geworden. Vielleicht liegt´s am launischen Wetter oder an der frühen Spielzeit. Oder hat sich ein jeder schlichtweg an Ort und Stelle im Schlamm festgesaugt? Man weiß es nicht. Das Infield hat sich jedenfalls ordentlich gefüllt, als Grave Digger zunächst den Titelsong des aktuellen Albums „Healed By Metal“ durch die Boxen feuern, ehe die Reise ins Mittelalter beginnt. Boltendahl und Co sind wie immer bestens aufgelegt und schaffen es, die Massen zumindest zum Klatschen und Singen mitzureißen. Am Ende darf natürlich „Heavy Metal Breakdown“ als unverzichtbares Ritual nicht fehlen. Ein feiner Gig, qualitativ erste Sahne, aber halt irgendwie nicht ganz wie „früher“. (Kai)

Währenddessen sorgen die Baden-Württemberger Kissin' Dynamite auf der Headbangers Stage für reichlich gute Laune. Angesichts Songs wie „Hashtag Your Life“ oder „Steel Of Swabia“ aber auch kein Wunder, das ist einfach Gute-Laune-Mucke. Die Jungs auf der Bühne haben ebenso wie die zahlreichen Fans vor der Bühne mächtig Spaß in den Backen und feiern einfach. Es ist ja durch die einschlägigen Medien gegangen, dass ein paar Fans dieser Truppe sich zu Fuß vom Süden unserer Republik bis zum Holy-Wacken-Ground aufgemacht haben. Es wird sogar die heilige Zahl von 666 Meilen angeführt. Eine schöne Geste, dass ebendiese Wandersleute auf die Bühne geholt werden, um zusammen mit Ihren Idolen zu feiern. Da hat sich der Gewaltmarsch ja gelohnt. (Katarzyna)

Gleich nebenan gebührt den Jungs von Dog Eat Dog noch vor ihrem Set Respekt. Lt. Info des Ansagers steckten die Jungs so dermaßen im Stau, dass sie gerade mal fünf Minuten Zeit zum Aufbau und Soundcheck hatten. Dafür aber wirken die Jungs sehr frisch und kein bisschen genervt. Ich für meinen Teil bin gespannt, wie der Crossover mit dem Markenzeichen Saxophon und ordentlichem Rap-Anteil aufgenommen wird. Und der Zuspruch vor der Bühne ist im Grunde schon Antwort genug. Voll isses. Mit „Expect The Unexpected“ hätte man wohl keinen besseren Einstand finden können. Teils chillig, teils fordernd präsentieren sich Dog Eat Dog, dieser Schlachtruf wird während des Sets auch gehörig vom Sänger mit der wohl extravagantesten Frisur des Festials zelebriert. „Pull My Finger“ darf ebenso wenig fehlen wie wohl der bekannteste Hit der Band. Das Saxophon kommt an den Bühnenrand und spielt die Melodie zu „Who's The King“ und sofort geht das Zelt steil. Ja, so muss das sein. Zum finalen „No Fronts“ wird noch zur vokalen Unterstützung der Tourmanager auf die Bühne geholt, ehe es gleich wieder auf die andere Seite des Zeltes geht. (Raimund)

Dort beginnen die Schweden Grand Magus mit dem Intro von Conan ihren Set, ehe es in bester Viking Metal Manier zur Sache geht. JB Christoffersson ist anfänglich kein Mann großer Worte, braucht er auch nicht, denn er kann die zahlreichen Fans vor der Bühne allein mit Gesten dirigieren. „I, The Jury“ und „Varangian“ werden durch die PA geblasen, ehe es die erste Verschnaufpause gibt. Diese wird jedoch genutzt um die Fans abwechselnd „Viking“ und „Metal“ brüllen zu lassen, was von nun an immer mal wieder zwischen den Songs zelebiert wird. „Steel vs. Steel“ und „Iron Will“ dürfen natürlich nicht fehlen, ehe es für den Verfasser dieser Zeilen mal wieder nach draußen geht, die Lungenflügel ächzen nach Sauerstoff. (Raimund)

Um 18:30 Uhr stehen Paradise Lost auf der Louder Stage und kehren zurück zu ihren musikalischen Wurzeln. Das ließ sich schon auf dem letzten Album Beneath Broken Earth erahnen und wenn man glaubt, was in der Szene so gemunkelt wird, dann soll das für Anfang September angekündigte Medusa vollends an das große und Szene-definierende Debüt Lost Paradise anknüpfen. Einen ersten Geschmack darauf bekommen die Fans beim heutigen Gig, bei dem die Briten neben unumstößlichen Gassenhauern wie dem poppigen „Say Just Words“ eben auch richtig zähen und düsteren Doom Metal inklusive garstiger Shouts auf ihre zahlreich versammelten Fans los lassen. Das passt zwar nicht unbedingt zum allmählich immer freundlicher werdenden Wetter, wie Sänger Nick Holmes selbst zugeben muss, steht aber für die Konsequenz einer sympathischen Band, die während ihrer Karriere immer wieder Maßstäbe gesetzt hat. (Kai)

Wir schwenken in den Biergarten, wo es um 19:15 Uhr wieder eines jener kleinen Highlights gibt, wie man es am Mittwoch schon mit Whiskey Dick erleben durfte. Die Rede ist von The Headcat, jener Band bei der Lemmy Kilmister einst seine Liebe zu unverfälschtem, dreckigen Rock`n´Roll auslebte. Seine Mitstreiter Slim Jim Phantom und Danny B. Harvey haben das Trio mit Ex-Morbid-Angel-Frontmann David Vincet am Mikro wieder komplett gemacht und rocken nun den Biergarten, dass die Schwarte kracht. Die Stimmung vor der kleinen Bühne könnte besser nicht sein, die zum kleinen Teich heran gewachsene Pfütze vor der Bühne wird von einigen Fans zum Baden und Tanzen hergenommen und überall sieht man Metalheads zum lockeren Rock`n´Roll der Band auf der Stelle tanzen. Den Song „Born To Loose, Lived To Win“ widmen die alten Recken ihrem verstorbenen Frontmann und kommen ganz ohne Cover dann eben doch nicht aus. „Please Don´t Touchen“, das Motörhead einst mit Girlschool eingespielt haben, wird von den Fans sofort erkannt und mitgesungen. Auch Black Sabbath´s „War Pigs“ macht in Rock`n´Roll richtig Spaß, wobei man aber nicht vergessen darf, dass The Headcat auch wunderbare eigene Lieder schreiben und mit David Vincent ein ideales Sprachrohr gefunden haben. (Katarzyna)

Im Anschluss daran erscheinen einmal mehr The O´Reillys And The Paddyhats im Biergarten und locken noch mehr Gäste vor die Bühne als eben noch The Headcat. Heute kommen die Wahl-Iren zum Glück mit einem leichten Nieselregen davon, so dass dem kompletten Gig nichts im Wege steht. Geschickt platzieren die Musiker das allseits bekannte „Whiskey In The Jar“ recht weit vorne im Set. An diesem Punkt ist auch der letzte Musikmuffel mitgerissen und man darf erleben, warum die Veranstalter diese Band für alle vier Festivaltage engagiert haben. (Katarzyna)

Mit Black Metal auf einer der beiden Hauptbühnen war das in der Vergangenheit beim W:O:A so eine Sache. Meistens war der Sound dermaßen daneben, dass man von den Konzerten nicht allzu viel hatte. Drum stehe ich auch mit gemischten Gefühlen um 21:30 Uhr vor der Faster Stage. Die Vorfreude ist dennoch groß! Denn zu hören gibt es heute vor spektakulärem Abendhimmel Anthems To The Welkin At Dusk, das große Meisterwerk einer Band, die Ihrer Zeit stets mindestens einen Schritt voraus war. Die Rede ist natürlich von den norwegischen Black-Metal-Pionieren Emperor, die sich für ein exklusives Konzert in Wacken eingefunden haben. Nach atmosphärischem Intro steigen die Musiker brachial mit „Ye Entrancempyrium“ in ihr Set, das Anthems zu dessen 20. Geburtstag in voller Länge und korrekter Reihenfolge widergibt. Dem Deibl sei Dank – der Sound sitz, auch wenn die Gitarren einen Tick hätten lauter abgemischt sein könnten. Aber das stört wenig. Denn was ein stimmlich gereifter Ihsahn und seine Mannen hier abfeuern, scheint schon von einem anderen Planeten. Trotz höchster Geschwindigkeit arbeiten die Norweger mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks! Zwar gibt es auf der rückseitigen Videowall keine aufregenden Bilder, sondern stets nur das Motiv mit dem reitenden Sensenmann unter dem Bandlogo, dafür wird an Pyro-Effekten nicht gespart, während sich der Aktionsradius der Musiker selbst in schwarzmetallischer Tradition auf ein Minimum beschränkt. Nach vollbrachtem Werk legen Emperor quasi als Bonbon noch „Curse You Alle Men“, „I am The Black Wizards“ und natürlich „Inno A Satana“ oben drauf. Das Highlight des Konzerts war aber zweifelsfrei die meisterlich vorgetragene Hymne „With Strength I Burn“, bei der auch die Fans zum Mitsingen eingeladen wurden. (Kai)

Währenddessen haben sich zahlreiche Anhänger industriallastiger Klänge vor der Wasteland Stage eingefunden, wo die Göttinger Stahlmann, optisch ebenfalls bestens untermalt, gute Laune sorgen. Wenn man das denn überhaupt so sagen darf. Dieser Sound passt hier perfekt ins Wasteland-Ambiente und so sorgen „Bastard“ oder „Adrenalin“ für stetig nickende Köpfe, auch wenn anfänglich die Vocals deutlich zu leise durch die Lautsprecher kommen. Dafür ist weiter hinten der Sound umso bass-lastiger. Naja...Sänger Martin sorgt hin und wieder zwischen den Songs mit seinen eindeutig zweideutigen Ansagen für den ein oder anderen Grinser, während über und neben der Bühne reichlich Flammenwerfer im Einsatz sind und die Nacht zum Tag machen. (Katarzyna)

23:00 Uhr. Zeit für den Headliner des heutigen Abends und der hört auf den Namen Megadeth! Als Intro läuft auf der Videowall ein cooles Filmchen, bei dem das Bandlogo aus großen Metallteilen von Maschinen zusammengeschweißt wird. Mit einem Knall stürmen dann Dave Mustaine und seine Mannen auf die Bühne und präsentieren nach „Hangar 18“ eine ausgewogene Mischung aus alten und neuen Songs. Zu beeindruckender Lightshow erleben wir zu einem mördermäßigen Sound Gitarrenakrobatik par excellence! Dabei knurrt kein anderer beim Singen so schön wie Knurrhahn Dave Mustaine. Gerade bei „Sweating Bullets“ wird dieser eigenwillige Vortragsstil derart ad absurdum getrieben, dass es schon beinahe etwas Komödiantisches hat. Ja, ein cooler Hund ist er irgendwie schon, der Dave. Ganz egal, was manch Unkenrufer über ihn sagt. Wenn er dann wie ein Lausbub mit verschmitztem Lächeln immer wieder das Publikum beäugt, kommt der Lockenkopf einfach sympathisch rüber. Für das Finale haben sich Megadeth natürlich ein paar ganz besondere Hits aufgespart – mit Genre-Klassikern wie „Symphony For Destruction“, „Peace Sells“ und „Holy Wars“ endet eine feine Lehrstunde in Sachen Thrash Metal! (Kai)

Zeitgleich schlendere ich an der Wackinger Stage vorbei, wo sich der Sound zugegebenermaßen aus der Entfernung arg schräg anhört. Doch je näher man (also ich) kommt, desto klarer und fesselnder wird der Sound. Und schon haben mich die Isländer Skalmöld in ihren Bann gezogen. Schnell wird klar, das einzige, was hier zählt, ist die Musik. Kein Dresscode, keine aufwändige Gewandung, einfach ein paar Männer und ihre Gitarren. Der Pagan-Folk-Metal zieht auch reichlich Publikum, was angesichts der packenden Melodien und der mächtigen, mehrstimmigen Chöre auch kein Wunder ist. Die Jungs haben sichtlich Spaß auf der Bühne, das merkt man am stetigen Grinsen. Definitiv eine Band, deren CDs noch in meiner Sammlung fehlen. Dieses Manko muss behoben werden. (Raimund)

Ganz spaßig wird es danach auf der Faster-Stage, wo sich Marilyn Manson die Ehre gibt oder vielmehr geben soll. Eines gleich mal vorweg: dieser Gig wird wohl in die Geschichte des W:O:A eingehen, denn wohl noch nie wurde bereits während des Sets so über einen Gig auf den einschlägigen Medien abgezogen... doch der Reihe nach. Da das Infield zu diesem Zeitpunkt noch voll ist (das sollte sich aber schnell ändern), suche ich mir einen Platz weiter hinten mit gutem Blick auf die Bühne. Hätte ich mir aber auch sparen können, denn außer Nebel ist erstmal rein gar nix zu sehen. Das Intro ertönt.... das Intro verstummt. Nix passiert, die Bühne bleibt dunkel. Das nächste „Intro“ ertönt.... und verstummt ebenfalls, ohne dass was passiert. Gute 15 Minuten nach den ersten Introklängen wird dann auch mal auf der Bühne das Licht eingeschaltet, so sieht man nun wenigstens roten Nebel. Die Band kann man nun trotz des ersten Songs nicht mal erahnen. Langsam, gegen Ende von „Revelation #12“ lichtet sich der Nebel immerhin etwas und gibt den Blick frei auf das eigenwillige Bühnendesign: das Schlagzeug wurde rechts platziert, damit mittig ein riesiger Thronsessel Platz hat, auf dem sich Mister Manson genüßlich räkeln kann. Danach ist erst einmal wieder Schluss. Eine minutenlange Pause folgt, ehe „This Is The New Shit“ folgt. Bereits zu diesem Zeitpunkt haben nicht wenige die Nase voll und strömen in Richtung Ausgang. Dumm nur, dass eben dieser von zahlreichen anderen Fans mit Blick auf die Stage verstopft ist. So stecken so ziemlich alle Ausgangswillige im knöcheltiefen Schlamm fest, ohne vor oder zurück zu kommen. Der aufmerksame Beobachter hat zu diesem Zeitpunkt an den Gesichtern gemerkt, dass die Stimmung langsam aber sicher am Kippen ist. Kurzerhand wurden die Gitter, die den Einlass begrenzen, von den Fans zerlegt, so dass die aufgestaute Menge abfließen kann. Gut so, denn viel hätte nicht mehr gefehlt... Währenddessen ist auf der Bühne wieder einmal Schluss mit nem Song und Pause ist angesagt. Sorry, aber dieses Rockstargehabe geht nicht nur mir gehörig auf den Senkel, zumal Manson auch qualitativ keine gute Leistung erbringt, wenn er denn überhaupt mal was von sich gibt.. Da gönne ich mir lieber ein Gutenachtbierchen im Basislager. (Raimund)

Samstag

An diesem letzten Tagerwartet uns das, was man wohl als ideales Festivalwetter bezeichnen kann: angenehme Temperaturen, immer etwas Wolken vor der Sonne und kein Regen. Selbst der Schlamm beginnt allmählich abzutrocknen. Daher trödeln wir auch nicht länger am Zeltplatz rum und machen uns früh genug auf den Weg, um pünktlich um 12:00 Uhr am Ort des Geschehens zu sein. Auf den Bus verlassen wir uns dabei übrigens ein weiteres Mal nicht!

Den Tag auf der Louder Stage eröffnen heute Rage und demonstrieren, wie sich guter alter Speed Metal anhören muss. Für sein neues Line-Up hätte Band-Boss Peavy Wagner keinen besseren Griff machen können, als mit den beiden Südländern Marcos Rodriguez und Vasillos Maniatopoulos. Rage klingt durch deren Beitrag wie nach einer Verjüngungskur! Das bewies bereits das letzte Album The Devil Strikes Again, von dem es zu Beginn gleich mal ein paar Songs auf die Mütze gibt. Auch von der brandneuen Scheibe Seasons Of Black gibt es neben dem Titeltrack noch „Blackened Karma“ zu hören, welche beide selbst neben alten Klassikern wie „Black In Mind“ eine ausgesprochen gute Figur machen und von den zahlreich anwesenden Fans auch sauber abgefeiert werden. Die Chemie innerhalb der neuen Truppe passt einfach – das zeigt schon der sichtliche Spaß, mit dem alle Beteiligten auf der Bühne an die Arbeit gehen. Am Ende ist dann das Publikum gefragt – nun heißt es „Higher Than The Sky“ so laut wie möglich mitzusingen. Schließlich steht Gitarrist Marcos im Rampenlicht, der sich als ausgezeichneter Metal-Sänger erweist, wenn er Dio´s „Holy Diver“ zum Besten gibt. Nach so einem genialen Auftakt muss der letzte Festivaltag einfach gut werden! (Kai)

Zeitgleich locken auf der Faster Stage Possessed eine relativ überschaubare Menge an Metalheads vor die Bühne. Schade, denn die Amis legen sich ordentlich ins Zeug. Trotz ihrer nur 2 Alben genießt die Band um Jeff Becerra einfach Kult-Status, den sie sich aber nicht anmerken lassen. Jedenfalls sind „Swing Of The Axe“, „Tribulation“ oder „Death Metal“ ein gutes Mittel, um sich den morgendlichen Kater aus dem Kleinhirn hämmern zu lassen. Jeff genießt den Auftritt, was man am Dauergrinsen gut erkennen kann. Und auch der erste Moshpit des noch jungen Tages lässt nicht lange auf sich warten. (Raimund)

Auch im Biergarten ist die Stimmung gut. Das Bier fließt bereits in rauen Mengen und auf der Bühne stehen die niederländischen Blaas Of Glory. Manch einer mag diese neunköpfige Kapelle aus den letzten Jahren als Walking Act kennen, die im Grunde überall haben überraschend auftauchen können. Heuer wurde die bunte Truppe jedoch quasi als stationäre Band für die Beergarden Stage verpflichtet und macht auch hier eine ausgezeichnete Figur, wenn sie alle möglichen Metal-Hits durch den Polka-Fleischwolf dreht. Dazwischen tragen witzige Ansagen in gebrochenem Deutsch und allerhand Blödeleien zur guten Stimmung vor der Bühne bei. Die nächste Halbe bitte! (Katarzyna)

Um 13:00 Uhr strömen die Festivalbesucher in Massen ins Infield und vor die Harder Stage, wo nun Beyond The Black ihren Auftritt absolvieren dürfen. Es ist schon irre, was diese junge Band für einen Senkrechtstart hinlegt! 2014 beim Nachwuchswettbewerb in Wacken entdeckt, hat die Band um Sängerin Jennifer Haben mittlerweile zwei erfolgreiche Alben am Start, letztes Jahr spielten sie hier auf der Party Stage und heuer nun auf einer der beiden Hauptbühnen! Und es funktioniert! Der Raum vor der Harder Stage ist prächtig gefüllt! Gut, wenn man dann lesen muss, dass kürzlich große Teile der Band mal eben ausgetauscht wurden, hat man schon das Gefühl, dass hinter dieser Combo eine kommerzielle Maschinerie läuft, aber das soll an dieser Stelle nicht ins Gewicht fallen. Mit Hits der Marke „Written In Blood“ oder „In The Shadows“ am Start, ist beste Unterhaltung garantiert. Die noch junge Jennifer Haben erweist sich als talentierte Frontfrau, die sich selbst gut in Szene setzt und mit den großen Frauenstimmen der Metalwelt auch locker mithalten kann. Lediglich das arg schmalzige Cover der Motörhead-Ballade „Love Me Forever“ stößt mir etwas auf. (Kai)

Im Zelt vor der Headbangers Stage ist es voll geworden als Kärbholz ihren Set mit der „Überdosis Leben“ mehr als positiv gestimmt beginnen. Die Meute vor der Bühne singt den Text locker und vor allem textsicher mit, was die Jungs noch mehr pusht. „Da Ist Noch Leben Drinn“ schallt es gleich aus der PA und einigen hundert Kehlen. Die Jungs sind einfach mega sympathisch und haben das Zelt von der ersten Sekunde an in der Hand. Mit etwas Melancholie wird „Das Hier Ist Ewig“ zelebriert, ehe die eigene Herkunft mit „Kind Aus Hinterwald“ besungen wird. Hierzu gesellt sich noch Jessy und ihre Geige von den Paddyhats zu den Jungs, eine feine Sache. Das obligatorische Spiel „wir setzen uns alle hin und springen gleichzeitig auf“ wird noch um die Komponente „und werfen allen Müll nach vorne, den wir so am Boden finden“ erweitert. Schon hübsch anzusehen, was so alles durch die Gegend fliegt. Mit „Feuerräder“ ist dann auch schon fast wieder Schluss, „Evolution Umsonst“ bildet das Finale eines schweißtreibenden Sets, der mehr als nur Spaß gemacht hat. Kärbholz versprühen einfach eine positive Energie, die nicht selbstverständlich ist. (Raimund)

Wir schwenken mal rüber ins Wackinger Village und zur Wackinger Stage. Wenn einem The O´Reillys And The Paddyhats und Tears For Beers drüben im Biergarten bislang noch nicht genug Irish Folk Rock serviert haben, dann steht man nun, um 16:30 Uhr, hier nämlich genau richtig. Mr. Irish Bastard liefert mit seiner spaßigen und turbulenten Mucke nschließlich genau das richtige Futter für Fans von Dropkick Murphys oder Fiddler´s Green. So dauert es auch nicht lange, bis das Volk vor der Bühne zu tanzen beginnt. Mitsingen sollen wir außerdem, was nach kurzer Anleitung von Frontmann The Irish Bastard auch prima funktioniert. Ist bei Songs wie „Ballad Of A Workshy Man“ oder „Fuck You, My Darling“ auch keine allzu große Kunst. Bei Letzterem lassen sich einige Übermütige vor der Bühne sogar zu einem kleinen Moshpit hinreißen! Schließlich erlebt der Gig seinen Höhepunkt beim finalen „I Hope They Sell Beer In Hell“, zu dessen witzigen Versen noch ein letztes Mal so richtig getanzt und gesungen wird. (Katarzyna)

Wer auf Horrorfilme und deftige Männer-Musik steht, der ist um 16:40 Uhr im Bullhead City Circus vor der W:E:T Stage bestens aufgehoben. Hier feiern nämlich die britischen Stoner-Rocker Orange Goblin ihr 20-jähriges Bandbestehen und versprechen Songs aus allen Schaffensphasen. Zugegeben – Stoner Rock ist vielleicht eine etwas vage Klassifizierung. Schließlich haben die Goblins mit einem Faible für alte Horrorfilme von ihren psychodelischen Anfängen bis hin zum Motörhead-mäßigen Rotz-Rock der letzten beiden Alben schon einige musikalische Phasen durchlaufen. Das Zelt füllt sich mehr und mehr, als die Band loslegt und der wirklich riesenhafte Frontmann Ben Ward mit „The Filthy & The Few“ einen derben Nackenbrecher zum Einstieg anstimmt. Routiniert führt der Hüne nun durch ein Set, das mit „They Come Back“ seinen zweifelsfreien Höhepunkt erreicht. Schließlich fordert Mr. Ward das Publikum nun auf, mittig vor der Stage eine Gasse zu bilden. Wir kennen dieses Spielchen – es folgt die Wall of Death, von der ich dachte, dass sie in Wacken verboten worden wäre, und mündet in einem amtlichen Moshpit. Mit „Red Tide Rising“ endet ein vor Adrenalin nur so strotzender Auftritt, bei dem alle Alben der Band berücksichtigt wurden. (Kai)

Vor der Louder Stage hat sich eine ordentliche Menge versammelt, als Hämatom selbstredend mit „Wir Sind Gott“ in ihren Set einsteigen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich die Band seit ihrer Gründung entwickelt hat, quasi vom Kinderlied zum Nackenbrecher. Die Menge geht begeistert mit, zumindest was der Boden so hergibt. Denn im Gegensatz zur Wackinger Plaza (vollständig abgetrocknet) und zum restlichen Infield (fast trocken) steht hier vor der Louder Stage der Modder noch recht hoch, was die Bewegungsfreiheit doch arg einschränkt. Aber egal, die Band feuert einen Hit nach dem anderen ab, „All U Need Is Love“, „Made In Germany“ oder auch „Auge Um Auge“, bei dem auch mittels Kanone T-Shirts in die Menge gefeuert werden. Nach und nach kommen auch Pyros zum Einsatz und unterstreichen die Songs auch optisch. Zwischendurch meint Sänger Nord „ich weiß nicht, wer gerade auf der Hauptbühne spielt (es sind Powerwolf, deren Sound immer mal wieder zur Louder Stage herüber schwabt – Raimund), und es ist auch scheißegal. Und euch wohl auch, sonst wärt ihr nicht hier und das find ich geil!!!“. Stimmt! Den Höhepunkt bietet das finale „Leck Mich!“, bei dem auch die geforderten Mittelfinger zu tausenden in die Luft gestreckt werden. So schön kann Frustbewältigung sein. (Raimund)

So allmählich neigt sich das Wacken Open Air seinem Ende, doch zuvor gibt es noch einmal das Infield zu besuchen, wo nun Alice Cooper auf dem Plan steht und mit ihm Rock-Klassiker aus viereinhalb Jahrzehnten! Der Altmeister startet seinen Gig mit dem deftigen Stück „Brutal Planet“, ehe er sich auf eine Zeitreise durch all die Jahre seines Schaffens begibt. Wer den Altmeister kennt, der weiß, dass man neben den erstklassigen Songs auch optisch mit allerhand Showeinlagen rechnen darf. Hier unterscheidet sich der Gig im Grunde wenig von Coopers letztem Besuch in Wacken anno 2013. Zu „Feed My Frankestein“ mutiert der Shock-Rocker zum riesigen Monster, er spielt mit Puppen zu „Only Women Bleed“ und muss sich zur „Ballad Of Dwight Fry“ von einer boshaften Krankenschwester malträtieren lassen. Als er diese dann versucht zu meucheln und bei frischer Tat ertappt wird, folgt zu „I Love The Dead“ die obligatorische Hinrichtung auf der Guillotine. Dass das Publikum zum Radio-Hit „Poison“ am steilsten geht muss im Grunde nicht erwähnt werden, sehr wohl aber die brillante Leistung von Cooper´s Band. Das sind wirklich ausnahmslos erstklassige Musiker und jeder für sich ein fabelhafter Entertainer. Besonders Gitarristen Nita Strauss, die manch einer von der Coverband The Iron Maidens kennen mag, zieht die Blicke Tausender auf sich, wenn sie wie ein wilder Derwisch über die Bühne wirbelt und in allen nur erdenklichen Posen in die Saiten greift. Am Ende stehen erwartungsgemäß „I´m Eighteen“ und „School´s Out“, zu welchem riesige Luftbälle über die Menschenmassen wandern, während Luftblasen über die Bühne wehen. Mit den Worten „This one is for Lemmy“ kündigt Alice Cooper den letzten Song an, dessen Lyrics vorwiegend von Bassist Chuck Garric übernommen werden: „Ace Of Spades“! Wem hier nicht die Gänsehaut über den Rücken läuft, dem ist nicht mehr zu helfen! Ein perfektes Konzert, von dem sich ein gewisser Marilyn Manson nur eine dicke fette Scheibe runter schneiden kann. (Kai)

Während auf der Harder Stage die große Show (völlig wertfrei gemeint) abgezogen wird, heißt es auf der Wackinger Stage: nur die Musik zählt. Finnen sind wohl keine Freunde großer Worte und auch Wolfheart machen da keine Ausnahme. Brauchen sie auch nicht, denn der Mix aus Viking und Death Metal steht für sich. Wenn der Soundmann ihn denn lässt. Anfänglich hat der Mann an den Knöpfen und Reglern doch seine arge Probleme, einen ordentlichen Sound durch die Boxen zu bekommen, ich würde sogar behaupten, der erste Song kommt überwiegend nur durch die Monitorboxen, die Gitarren sind kaum zu hören, dafür übertönen die Keys alles. Danach sind die Vocals zu laut.... mit der Zeit hat der Typ jedoch den Dreh raus und einer restlichen epischen halben Stunde steht nix mehr im Wege. Für einen Gastauftritt kommt noch der Sänger von From The Void auf die Bühne, der sich aber eher im Hintergrund hält. Ein Wunder, dass er mit dem Geweih auf dem Kopf überhaupt durch den niedrigen Bühneneingang gekommen ist. (Raimund)

Gleich im Anschluss stehen auf der Wasteland Stage die Industrial Rocker von Taina für ihren Gig bereit. Die sehr an Rammstein erinnernde Mucke kann jedoch – wohl auch angesichts der musikalischen Schwergewichter auf der Mainstage – nur eine sehr überschaubare Zahl an Fans bzw. Zuschauern vor die Bühne locken. An der Musik mag es nicht liegen, denn die läuft gut rein. Vielleicht wohnten dem vorherigen Gig (Taina bestreiten an diesem WE bereits ihren zweiten Auftritt) ja mehr Leute bei? Egal. Die, die da sind, haben ihren Spaß, wenigsten gibt es kein Gedränge um die besten Plätze. (Katarzyna)

20:30 Uhr. Faster Stage. Amon Amarth. Für unser Team sollen die Schweden die letzte Station des diesjährigen W:O:A sein, denn gleich im Anschluss werden wir uns auf die Heimreise begeben. Aber noch ist es nicht so weit! Als der Vorhang fällt, sticht sofort der Bühnenaufbau in die Augen: Das Schlagzeug wurde auf einem riesigen Wikingerhelm mit aufgebrochener Spitze positioniert und macht richtig was her. Dann die ersten Töne vom Klassiker „Pursuit Of The Vikings“, dessen markantes Riff sofort von den Fans mitgesungen wird. Frontmann Johann Hegg stürmt mit bekanntem Grinsen im Gesicht die Bühne und ab geht die Post. Mit ihrem bärenstärken Album Jomsviking im Rücken zeigen uns die Wahlwikinger zu dickem Sound und Feuerfontainen, dass eine Death-Metal-Band durchaus im Stande ist, ein solch großes Festival wie das W:O:A zu co-headlinen. Neben neuen Gassenhauern, wie „First Kill“ und „Way Of Vikings“ lassen auch ältere Überhits der Marke „Cry Of The Blackbirds“ und „Death In Fire“ nicht lange auf sich warten. Dazu kommen Showeinlagen von kämpfenden Wikingern oder einer beeindruckend gestylten Walküre, die geisterhaft über die Bretter schleicht. Und endlich geschieht das, was mir auf dem W:O:A bislang abgegangen ist: ein Crowdsurfer nach dem anderen wird von den dicht an dicht stehenden Fans nun in Richtung Bühne geschwemmt. Die Stimmung könnte besser nicht sein! Schließlich steuert Doro Pesch zum Song „A Dream That Cannot Be“ wie schon auf dem Album ihren Teil zur Show bei. Für mich der Zeitpunkt, meine mittlerweile müden Knochen allmählich durch die Reihen nach hinten in Richtung Ausgang zu schieben. (Kai)

Schließlich haben wir uns heute noch ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Die lange Heimreise von 666 km bis zum Außenposten in Oberfranken möchten wir über Nacht hinter uns bringen, um nicht morgen bei all den Baustellen von einem Stau zum anderen kriechen zu müssen. So endet das 28. Wacken Open Air für uns ein wenig früher als gewohnt. Dass wir Avantasia nicht sehen, lässt sich ganz gut verkraften, aber Kreator zu verpassen tut schon irgendwie weh. Egal, es werden wieder Gelegenheiten folgen.

Was nehmen wir mit nach Hause? Viele, viele Eindrücke selbstverständlich! Viele tolle Bands, viele beeindruckende Shows auf den Hauptbühnen haben wir gesehen, aber auch echte Perlen auf den Nebenbühnen, wie der Beergarden Stage. Außerdem haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass man bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit getrost einem Konzert von Marilyn Manson fern bleiben kann. Auch wenn uns das Wetter zeitweise mit heftigen Kapriolen arg zugesetzt hat, zeigte sich wenigstens der Samstag von seiner besten Seite. Und das Waten durch mehr als nur knöcheltiefen Modder, richtig fies und garantiert ohne Saugkraftverlust, gehört ja mittlerweile schon irgendwie mit dazu, zum Wacken Open Air. Das Festival lief dieses Mal übrigens wieder in gewohnter Weise ausgesprochen friedlich ab. Freilich wurden wieder einige Diebstähle gemeldet, aber vermutlich verlieren manche Festivalbesucher auch ihr Zeug zu später Stunde, wenn der Promillegehalt im Blut nicht mehr so ganz im grünen Bereich liegt. Ein älterer Herr im Rollstuhl erzählte uns beispielsweise, dass er sein Smartphone verloren hatte – nein, nicht beim Crowdsurfen – und innerhalb von drei Stunden hatte er es zurück. Es war bei einem Security abgegeben worden. Schurken unter den Festivalbesuchern waren also auch heuer wieder die Ausnahmen und sicher nicht die Regel!

Traditionsgemäß  wurden zwischenzeitlich die ersten Bands für 2018 bekannt gegeben. Der Countdown auf der Wacken-Homepage wurde auf Null gesetzt und der Kartenvorverkauf hat begonnen. Ausverkauf wurde bislang nicht gemeldet! Bleibt zu wünschen, dass sich die Veranstalter von dem vergleichsweise späten Ausverkauf dieses Jahres nicht beeindrucken lassen und nun anfangen, kommerziellere Bands zu verpflichten. Nein, das W:O:A soll bleiben, wie es ist: 100% Metal, Rain ör shine! Wir danken allen tapferen Lesern, die es bis hierher geschafft haben. Wenn alles gut geht, sind wir auch im nächsten Jahr wieder vor Ort!

2017-08-05_20-54-38-2.jpg