Zak zieht seine Kreise: Circle II Circle, Lord Volture und Desert im Backstage
/03.05.2016, Backstage München
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„Großes Kino für kleines Geld!“ Dieses enthusiasmierte Fazit des geschätzten Kollegen Sebbo kann man mit Fug und Recht unter den Abend stellen, an dem sich der frühere Savatage-Fronter Zak Stevens die Ehre gibt, um uns ein veritables Best Of-Set seiner Kombo Circle II Circle um die Ohren zu hauen. Und das auch noch mit einer internationalen All Star Truppe. Womit wir deutlich mehr Freude gehabt haben dürfen als die Ballsportanhänger, die vor der Halle beim Public Viewing die Geschicke eines gewissen Lokalclubs verfolgen durften/mussten…
Frisch mit neuem Album Reign of Darkness ausgestattet, reist die Delegation aus Tampa derzeit um den Globus und machte auch im Backstage Club Station, was zunächst für ein wenig Verwunderung sorgt, dann aber doch stimmig ist: als wir natürlich brav pünktlich kurz vor Acht die Räumlichkeiten betreten, muss man sich nicht gerade wegen Platzangst besorgt zeigen. Nun, das wird ja vielleicht noch. Unverdrossen zeigen sich in jedem Fall die ersten Recken von Desert („from Tel Aviv, Israel!“, wie uns Shouter Alexey Reymar geflissentlich informiert), die ihren eingängigen Metal - ohne ethnische Einsprengsel, die in einer solchen Konstellation ja durchaus wenig überraschen würden – beherzt servieren. Selbst nennen sie das „Dark Epic Metal“, kommt für diese Mischung aus Power und ausladender Breite auch ganz gut hin, die Songtitel lassen denn auch auf politisch-historische Inhalte schließen. Sehr fein kommt da z. B. die online erhältliche Single „Lament For A Soldier’s Glory“ rüber, für die man auf Konserve auskunftsgemäß die Sangesdienste von Sabaton-Kommandeur Joakim Broden verpflichten konnte. Das gefällt gut und ist nach 30 Minuten vorbei wie ein Sandsturm.
Wir gönnen uns ein Süppchen (genauer gesagt ein Kraftbier der Lokalhelden Crew Republic, bei denen sich Sebbo heute durch einige Geschmacksrichtungen probiert), stellen fest, dass es für gute Fotos natürlich wieder viel zu dunkel ist (jaja), und spekulieren ein wenig darüber, was uns denn jetzt ins Haus steht. „Das gibt jetzt Speed Metal, der Schriftzug sieht aus wie Gamma Ray!“ Die emsig selbst aufbauenden Herrschaften, die kurz darauf die Bühne entern, machen kostümtechnisch vielleicht nicht viel her, aber der Sound, den Lord Volture produzieren, hat sich gewaschen: das changiert nämlich stilecht zwischen eben den genannten Power-Cheffen und klassischen Judas Priest-Klängen, als die noch Schmackes hatten. „Heute ist etwas Fußball, oder?“, ruft uns Fronter David Marcelis gut gelaunt zu, aber das hält auch diese Herren nicht davon ab, hier Vollgas zu geben. Gestern habe man das Hofbräuhaus besucht (das scheint ja so Sitte, hatten wir ja auch schon bei Symphony X), aber die Leistung ist davon in keinster Weise beeinträchtigt – Kracher wie „My Sworn Enemy“ kommen mit traditioneller Stahlkante daher, die die Holländer aufs Gekonnteste schleifen. Auch wenn David sicherlich bei einem Dirty Dancing-Remake beste Chancen auf die Patrick Swayze-Rolle hätte (Original, der könnte glatt für den alten Parkettwischer durchgehen) – heute glänzt er durch vokalistische Künste im besten Halford-Modus, die er unter anderem beim flotten „Hearts Of Steel“ hervorholt. Der offenkundig geschlossen angereiste Savatage-Fanclub aus Finnland goutiert das ebenso wie wir. Reife Leistung, Kollegen!
Als wir uns noch Gedanken darüber machen, ob auch Meister Zak wie bisher alle Streiter seine Ausrüstung selbst aufbaut (Antwort – er nicht, aber dafür andere, wie etwa der als Bäcker verkleidete Keyboarder), geht es auch schon in die Vollen. Auch wenn die Menge der Schlachtenbummler nach wie vor im überschaubaren Bereich bleibt, ist die Stimmung dennoch sofort bestens, als die Herrschaften mit dem neuen „Victim Of The Night“ in ein Set einsteigen, das sich gewaschen hat. Äußerst melodisch, kompositorisch ausgereift, so kennt man das Werk des Kollegen ja, und dass er vokalistisch absolut nichts anbrennen lässt, das stellt er heute Abend mehr als eindrucksvoll unter Beweis. Bestens aufgelegt, geht es weiter im Text mit „All That Remains“ und „Soul Breaker“, bevor uns dann Tastengreifer Henning Wanner launig auf deutsch begrüßt und feststellt, das mit dem Fußball habe man jetzt oft genug abgehandelt, umso besser sei es doch, dass wir hier eine fette Party abfeiern. Tun wir auch, denn Zak setzt uns nun in Kenntnis, dass es ja auch ein Jubiläum zu begehen gilt: genauer gesagt das 10jährige des Burden Of Truth-Albums, von dem nun mit „Heal You“ und „Live As One“ gleich zwei Nummern an die Reihe kommen. Mit "Untold Dreams" liefern die Jungs dann wieder ein überzeugendes Stück vom neuen Album ab, "Ghost In The Devil" drückt das Gaspedal gleich weiter durch.
Dabei lässt es sich Zak nicht nehmen, immer wieder für Stimmung zu sorgen, gerne auch mal vom Bühnenrand, wobei er uns einen lustigen Klatsch-Waldschrat macht, und Gitarrero Bill Hudson springt gleich ganz unters Volk und mischt ordentlich auf. Eine echte Klassiker-Tournee würde man absolvieren, informiert uns Herr Wanner weiter, und mit dem atmosphärisch-schleppenden „Watching In Silence“ kommt dann in der Tat ein Stück vom Debut aus dem Jahr 2003 daher, das ganz herausragend reinläuft. Auch wenn Zak teilweise leicht manische Züge aufzuweisen scheint (wir wollen ihm doch gar nichts Böses?), hat die Kombo sichtlich zunehmend Spaß an der Chose und feuert aus allen Rohren. Mr Hudson erläutert uns zwischendurch, dass man hier ja mit einer internationalen Besetzung unterwegs sei, von USA über Deutschland bis hin zu Brasilien sei alles vertreten – letzteres „because people from Brazil are cheap to hire“, müssen sich die Kollegen da sagen lassen. Aber jetzt darf Drummer Marcelo Moreira ein paar „jungle drums“ auspacken, was er auch prompt tut und ordentlich Wind macht. Mit einem zackigen „Diamond Blade“ geht es dann weiter im Set, und Sebbo wird nicht müde zu betonen, dass der Spaß hier in Tüten geboten wird, und das zum mehr als fairen Eintrittspreis von gerade einmal 14 Schleifen. Wo er Recht hat… Nach "Revelations" (nicht zu verwechseln mit einem Stück aus Herrn Dickinsons Feder) und "Somewhere" setzt das emotional angekündigte „Epiphany“ dann erst einmal einen Schlusspunkt, aber natürlich dürfen ein paar kleinere Griffe in die Historie nicht fehlen. Die kommen dann - nachdem Bill in einer kleinen spontanen Solo-Einlage schon einige Songs angespielt hat - in Form von zwei Savatage-Klassikern: „Turns To Me“ sorgt für Begeisterung allenthalben, aber das abschließende „Edge Of Thorns“ räumt schließlich endgültig alles ab und wird frenetisch mitgesungen. Die Schar der aufrechten Angereisten macht jede Menge Lärm, man ist rundherum zufrieden, und wir entlassen Zak und seine Bande nun endgültig in die Nacht. Auf dem Weg nach draußen sieht man an den versprengten Public Viewing-Resten, dass die Fußballfraktion heute wohl deutlich weniger Spaß hatte als wir – wir hatten in jedem Fall Qualität auf Champions League-Niveau.
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