Bourbon, Whiskey, Rye oder doch lieber Moonshine?
/oder wie der Amerikaner seinen Feierabend genießt…
Unser Kollege und Hobby-Whisky-Schmuggler Dagger hat wieder mal etwas tiefer ins Glas geschaut und lässt uns dankenswerterweise an seinen Erlebnissen teilhaben. Na denn mal los:
Wie kommt ein seit beinahe zwei Dekaden leidenschaftlicher Scotchtrinker nun plötzlich auf den Trichter, sich auch mit dem Lieblingsgetränk der Amerikaner zu befassen? Nun… tatsächlich war es kein geringerer als Sylvester Stallone, der den Anstoß dazu gab. In seinem Actionstreifen Shootout macht er derart ungeniert Werbung für einen Bourbon namens Bulleit, dass meine Neugierde schnell geweckt war. Bei einer ersten Recherche im Netz stieß ich sodann auf die interessante Geschichte hinter dem Destillat, dessen Namen ich bis dahin nicht gehört hatte. Der Gastwirt Augustus Bulleit kreierte diesen Bourbon in den 1830er Jahren ausschließlich aus dem Mittellauf der Destillation, um eine besonders hohe und konstante Qualität zu erreichen. Außerdem verwendete er für die Herstellung weniger Mais als üblich, dafür aber 28 % Roggen, was fast doppelt so viel ist, wie die sonst üblichen 15%. Nach seiner Heimat an der Grenze von Kentucky verlieh man der Kreation den Beinamen Frontier Whiskey, also Grenz-Whiskey, obwohl es sich dem Verfahren nach um einen lupenreinen Kentucky Straight Bourbon handelt, der für etwa sechs Jahre in ausgebrannten Eichenfässern lagert. Schließlich verschwand Mr. Bulleit während einer Handelsreise von Kentucky nach New Orleans auf mysteriöse Weise und das Getränk geriet in Vergessenheit bis Urenkel Tom Bulleit im Jahr 1987 die alte Rezeptur wieder ausgrub. So erzählt es zumindest die Legende. (Kann ja auch Marketing sein).
Meine kleine Verkostung beginnt nun also mit dem Bulleit Bourbon/ Frontier Whiskey. Schon das Flaschendesign sorgt für einen guten ersten Eindruck: minimalistisch die Gestaltung, der Markenschriftzug hebt sich als Relief aus der Glasoberfläche und im unteren Viertel umschlingt eine Banderole mit den notwenigsten Infos die breite Flasche. Schlicht, aber edel! Und vor allem markant!
Es sei mir verziehen, dass ich für die Verkostung anstelle eines typisch amerikanischen Tumblers nun doch ein eher schottisches Nosingglas verwende. Der Duft lässt sich damit einfach etwas besser kanalisieren und ich habe ja auch nicht vor, den Geschmack mit Eiswürfeln zu verfälschen. In der Nase ist der Bulleit mit seiner schönen Bernsteinfarbe zunächst recht unauffällig und leicht alkoholisch. Geschmacklich ist er zuerst etwas feurig und kräftig, ehe man die karamellige Süße über einem durchaus komplexen und runden Geschmack wahrnimmt. Die Süße steigert sich schließlich noch während eines mittellangen und angenehmen Abgangs, der Lust aufs Weitertrinken macht. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass die für die Verkostung verwendete Flasche bereits meine zweite ist, nachdem die erste sich auf geisterhafte Weise binnen Rekordzeit verflüchtigt hatte. Nein, ich bin kein Suffkopp, aber ich habe den Bourbon fleißig im Freundeskreis verkosten lassen, wo er flächendecken mit Wohlwollen aufgenommen wurde. Bei einem Preis von etwa 20 Euronen lässt das Preis-Genuss-Verhältnis nämlich nichts zu wünschen übrig!
Auf den nächsten Whiskey der heutigen Runde wurde ich aufmerksam durch ein kleines, nettes Whisky-Kochbüchlein, in dem einige ausgesuchte Hersteller vorgestellt werden, darunter auch der Elijah Craig 12. Interessant ist dieser Kentucky Straight Bourbon schon wegen seiner Altersangabe, die bei einem Bourbon längst nicht so handelsüblich ist, wie bei einem Scotch. Benannt ist er nach dem Prediger Elijah Craig, der angeblich das Lagern von Whiskey in ausgebrannten Fässern erfunden hat. Naja. Ein wenig dunkler in seiner Farbe, unterscheidet sich der Herr Craig in der Nase nur in Nuancen vom Bulleit. Im Geschmack stellt man dann etwas weniger Alkohol fest, obwohl der Bursche mit satten 47 % Vol zwei Punkte mehr auf die Skala bringt als sein Vorläufer. Dafür ist er voluminöser und mit einer starken Eichennote ausgestattet. Die zwölf Jahre im Fass merkt man diesem Tropfen eben an. Ein wirklich muskulöser und mehrfach ausgezeichneter Bourbon, den man einem Scotchtrinker als Blick über den Tellerrand nur empfehlen kann.
Im direkten Vergleich mit ihm wirkt der nun folgende Four Roses Small Batch geradezu samtig weich. Schon in der Nase versprüht er wesentlich mehr Süße, die ihre Fortsetzung auch im Geschmack findet: Butterkaramell verbindet sich hier mit der typischen Bourbon-Note zu einem wahren Gaumenschmeichler. Quasi der Ire unter den hier besprochenen Bourbons! Für dieses unglaublich weiche Destillat werden laut Produzent vom Master Destiller vier unterschiedliche Bourbons vermählt, die mit jeweils unterschiedlichen Getreide- /Malzmischungen hergestellt werden. Auf der Flasche selbst findet man zwar keine Altersangabe, im Netz konnte ich aber recherchieren, dass dieser Small Batch Bourbon zwischen sieben und neun Jahre im Fass reifen darf. Neben seinem typisch weichem Geschmack besticht der Four Roses auch durch sein Flaschendesign. Das Firmenlogo – die vier Rosen – heben sich als Glasrelief über das umgebende Etikett und auf dem dicken Korken thront eine dunkle, hölzerne Krone, was der Flasche schon ein sehr edles Äußeres verleiht. In Summe also nicht nur in der Nase, sondern auch geschmacklich und optisch ein Charmeur, der gerade in der Damenwelt sicherlich gut ankommt!
Wir kehren zurück zu Bulleit. Neben dem Kentucky Straight gibt es unter dieser Marke nämlich auch einen Rye Whiskey und zwar einen mit einem ungewöhnlich hohem Roggenanteil von 95%. Gesetzlich für einen Rye vorgeschrieben sind ja gerade einmal 51%. Entsprechend diesem hohen Roggengehalt besitzt der Bulleit Rye auch einen ganz eigenen Charakter. Den spürt man schon beim Nosing, wo man neben süßlichen und würzigen Aromen auch eine leicht medizinische Note feststellen kann. Nach einer anfänglichen Alkoholschärfe, wie man sie von seinem Vetter in Erinnerung hat, verbinden sich Kräuter, Nuss und Vanille zu einem komplexen Geschmackserlebnis mit reichlich Ecken und Kanten. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Wer aber einen richtig kräftigen Whisk(e)y schätzt, wir auch beim Rye wieder mit einem wunderbaren, süßlichen und erstaunlich lang anhaltenden Abgang entlohnt. Ein klarer Kontrast zur bisherigen Verkostungsreihe.
Last but not least wird es wieder etwas historisch. Wohl während der Prohibitionszeit kamen einige Bauern auf die Idee, in abgelegenen Gegenden bei Mondschein einen whiskeyähnlichen Schnaps zu brennen und an Schmuggler zu verhökern. Der Ritus dieser Schwarzbrennerei hat sich bis heute vor allem in den Südstaaten gehalten und wird nach wie vor strafrechtlich verfolgt, was den einfach destillierten Rohwhiskey aus Mais natürlich umso begehrenswerter macht. Nicht zuletzt durch die TV-Serie Moonshiners, die von einem gewissen Männerkanal ausgestrahlt wird, wächst die Bekanntheit des Gesöffs auch jenseits des großen Teichs. Aufgrund des Kultstatus von Moonshine wird er längst auch kommerziell produziert und sogar mit unterschiedlichen Geschmacksaromen auf den Markt gebracht. Ich selbst habe mir den Firefly Moonshine besorgt.
Da beim Moonshine auf eine Fassreifung verzichtet wird, ist er völlig klar und kommt im typischen Einmachglas mit Schraubverschluss daher. Schon der Geruch des Firefly ist ausgesprochen süß und vanillig. Mit seinen über 50 % Vol gleitet der Brand erstaunlich weich und ölig den Rachen hinunter. irritiert aber durch eine wirklich penetrante, etwas klinisch wirkende Süße irgendwo zwischen Vanille und Popcorn. Für dieses außerordentliche Getränk ziehe ich schließlich auch meine Freundin zu Rate, welche glatt der Meinung ist, dass man solch eine Süße nicht ohne Zusatz von Aromastoffen hinkriegen würde. Nun, laut Etikett handelt es sich um einen reinen Maisschnaps, aber wer weiß… Tatsache ist, den doch sehr speziellen Geschmack des Moonshine kann man sich sicherlich schön saufen. So ganz meine Baustelle ist der kommerzielle Schwarzgebrannte am Ende aber doch nicht. Bzw. verspüre ich jetzt nicht den Drang, mir noch ein Glas davon einzuschenken, was bei dem Einmachglas ja ohnehin ein Abenteuer für sich ist. Stattdessen reinige ich meinen Gaumen, indem ich zum Anfang zurückkehre und mir noch ein Gläschen Bulleit genehmige.
Wie sieht nun das Fazit aus? Klammert man den Monnshine mal aus, der sich ohnehin nicht wirklich mit den andern Kandidaten vergleichen lässt, fällt die Erstellung einer Rangliste wirklich schwer. Mein persönlicher Favorit ist zwar der Elijah Craig, aber letztlich besticht auch der Four Roses durch seine Geschmeidigkeit, der Bulleit Rye durch seinen kantig-kräftigen Eigengeschmack und der Bulleit Bourbon durch sein fabelhaftes Preis-Leistungsverhältnis.