Von Asen, Bifröst und himmlischen Getränken: zwei Sterbliche probieren das Beer of the Gods aus der Wacken Brauerei!
/Beer of the Gods! Das Bier der Götter – bei solch einem illustren Namen ist Spannung angesagt. Und wenn der himmlische Tropfen dann auch noch aus dem Holy Land Wacken stammt, wird die Angelegenheit schlicht alternativlos: das müssen wir probieren! Und so machen wir uns auf den Weg über die Regenbogenbrücke, um Platz zu nehmen an der Tafel der Asen und ihre göttlichen Gaben zu verkosten…
Ein blonder, muskelbepackter Hüne sitzt in einem amerikanischen Diner, nimmt einen Schluck Kaffee und schleudert die Tasse zu Boden: „This drink! It’s good! I demand more of it!“ Auch wenn Meisterverkoster Sebbo diese wohl lustigste Szene aus dem feinen Thor-Kinowerk nicht kennt – er schaut nach eigener Aussage keine „Superstar“-Filme, wir lassen das einmal so stehen -, so ist die Atmosphäre doch ähnlich, als wir uns der Wundertüte nähern, die uns da aus der Wacken Brauerei ins Haus flatterte. Ein herzliches Dankeschön dafür! Unter der durchaus treffenden Maßgabe, das Leben sei zu kurz, um langweiliges Bier zu trinken, fabriziert diese feine Manufaktur um Helge und Hendrik Pahl im nach eigenen Angaben „durstigsten Dorf der Welt“ nämlich seit 2016 eine ganze Reihe von Craft Beers, die allesamt der nordischen Mythologie entsprungen sind. Das ist allemal so true wie der Metal selbst, der auf der entsprechenden Bühne alljährlich über das Holy Land schallt, und somit sorgen wir mit dem Live-Sampler Wacken – Louder Than Hell 2015 erst mal für die richtige Untermalung, bevor wir die „Göttergabe“ auspacken, die sinnigerweise als „ProBIER-Paket“ zu haben ist und nebst einem schicken Glas einen Überblick über das schon visuell mit Liebe fürs Detail gestaltete Gesamtsortiment gibt. Dieses sortieren wir zunächst ganz willkürlich dem Alkoholgehalt nach und stürzen uns guter Dinge ins Geschehen, bewaffnet mit der professionellen Verkostungsgebrauchsanweisung, die uns der Deutsche Brauerbund kredenzt.
Phase 1: das gezielte Verkosten!
Los geht’s mit dem Mjölnir, einem untergärigen Lager nach Pilsner Brauart, das mit „nur“ 5,3% und einem gut haltbaren Schaum daherkommt, der sichtlich am Glas haftet. Goldgelb und gleichmäßig trüb steht der Trunk im Glas, der weder filtriert noch pasteurisiert nach dem Hammer des Donnergottes selbst benannt ist, der Blitze wirft und stets zu seinem Herrn zurückkehrt (und den eben der in Teil 2 der Kinowerke flugs an eine Garderobe hängt). Zu den Klängen von Burgerkill (Was ein Geholze!!) aus dem Wacken Sampler, abgelöst durch die deutlich angenehmeren Beyond The Black, konstatiert die eilig zu Rate gezogene Ehefrau (Thor würde wohl eher von seinem Weibe sprechen, aber Asgard war noch nie politisch korrekt): das riecht wie Bier! Dem ist nichts entgegenzuhalten, bestenfalls die Note, die Sebbo erspäht: „Fruchtsalat!“ Ja, der Mjölnir steigt hopfenaromatisch in die Nase, fruchtig, mit Anklängen an Ananas und Orange, die von den Hopfensorten Summit, Cascade und Comet rühren dürften. Dann aber zur Probe aufs Exempel: im Antrunk vollmundig, in der Rezenz prickelnd und angenehm moussierend, und – wie man das erwarten darf – im ausgeprägt-langen Nachtrunk feinherb. Ein echtes Pils, als Auftakt perfekt geeignet.
Als nächstes kommt passenderweise Thors Gegenspieler an die Reihe: sein Halbbruder, der alte Trickser und Täuscher, geht mit dem Nordic Pale Ale Crafty Loki an den Start. Das „obergärige, obergeile Kreativbier“ (also, originell sind sie, das muss man unumwunden zugestehen) liefert einen großporigen, haftenden Schaum und schimmert bernsteinfarben-opal im eilig herbeigeschafften Lichte. Und wenn wir schon vermeinten, der Mjölnir sei eine Fruchtattacke, erleben wir diese jetzt erst richtig: kräftig entsteigen hier die Fruchtaromen, Sebbo entdeckt gar Spuren von Kiwi und Banane. Also hinein ins Vergnügen, und das gestaltet sich gar nicht hinterlistig: ein weicher, abgerundeter und dennoch vollmundiger Antrunk verbindet sich mit einer süßen, angenehmen Rezenz, die uns an wohlige Kindheitstage erinnert: „Werther’s Echte!“, genau, so erscheint uns die feine Karamell-Note am besten beschrieben (hat mit Goethe nichts zu tun, und verstehen sicher unsere Generationsgenossen am besten). Der kurze, nicht anhängende Nachtrunk verbreitet eine angenehm trockene Note – „als ob man auf einer Wiese rumrennt“, konstatiert Naturkenner Sebbo. Wir halten fest: ein dem alten Schelm mehr als angemessenes Getränk!
Ein bißchen exotischer geht es dann bei Heimdalls Willkomm zu – wir treten dem Wächter der Regenbogenbrücke Bifröst (nicht Bofrost, wie wir gerne klarstellen), die Asgard und Midgard verbindet, forsch entgegen, erwartet uns hier doch eine heroische Mischung aus Bier und dem alten nordischen Klassiker, dem Met. Schon beim Einschenken konstatieren wir eine konkrete Schäumung: sahnig, kräftig, grobporig steht die Krone, die Farbe erneut ein kräftiges, fast undurchdringliches Bernstein. Der süßlich-karamellige Geruch deutet die Besonderheit dieses Schlückchens schon an, die dann im süffig-weichen Antrunk mehr als bestätigt wird. Die angenehm-frische Rezenz gibt dann den Weg frei für einen schweren, süßen Nachtrunk, in dem sich die Weinaromen komplett entfalten und der Met-Geschmack durchschlägt. „Ein Bier für Nicht-Bier-Trinker!“, halten wir gerne fest, „für Frauen (wir müssen echt mal an unserer Gender-Korrektness arbeiten), und Fans von Mittelalter-Märkten und Metal! (geht doch!)“, während wir unterhaltungstechnisch mittlerweile musikalisch auf den Wacken YouTube-Stream von diesem Jahr umgestiegen sind und uns das Tarnhosenkommando von Sabaton die „Ghost Division“ um die Lauscher haut.
„Fette Henne!“ So und nicht anders beschreibt Hobbyagrarökonom Sebbo die Schaumkrone, die der Weizendoppelbock ins Glas zaubert. Hervorragend sahnig lockt der Trunk, mit dunkelbraun-rötlicher Tönung und opalem Charakter. In der Nase gibt sich das, was wir in Bayern ja lieber als Weißbier bezeichnen, genretypisch: rein, kräftig, eben wie in gutes Weißbier an einem heißen Tag. Da weiß der Bayer, was er hat, und so nehmen wir wohlgemut einen Schluck aus dem Gespann von Tanngnjostir und Tanngrisnir, den beiden Ziegenböcken, die Thors Wagen ziehen (und deren Namen anmuten als sei der Dichter auf seiner Tastatur eingeschlafen). Und da hat es der Doppelbock nun faustdick hinter den Ziegenohren: eine gewaltige Rauchnote hat er auf Lager, die schon im vollmundigen Antrunk für gehörige Würze sorgt. „Das schmeckt ja, wie wenn Sabaton mit ihrem Panzer vorbeifahren!“, stellen wir fest, nachdem wir langsam aber sicher die Fäuste recken und die Hymnen mitsingen. Ob es an dem steigenden Alkoholgehalt der Getränke liegen mag? Die angenehm moussierende Rezenz des Doppelbocks jedenfalls löst sich im feinbitteren, rauchigen Nachtrunk auf – ein Bier, das auch Whisky-Liebhaber für sich entdecken dürfen und sollen.
Der oder die letzte im Bunde bringt dann mit dem Walküren-Schluck ganze 7,8% auf die Waage. Dieses Nordic Strong Ale – obergärig und kaltgehopft – kreiert deutlich weniger, dafür grobporigen Schaum als die Vorgänger. Wenn auch vielleicht hier eher die klassische Untermalung durch Herrn Wagner gefragt wäre, der die Damen, die die gefallenen Krieger nach Walhalla bringen, ja auf ihren legendären Ritt schickte, kredenzen wir uns dazu den aktuellen Lordi-Schocker „Hug You Hardcore“. Dessen etwas absonderliches BDSM-Video widerstrebt alerdings dem guten Geschmack unserer Veranstaltung etwas, aber Evergrey reißen dann alles wieder in den grünen Bereich. Die Walküren bringen erneut eine goldgelbe, undurchsichtige Konsistenz ins Glas, während der Geruch wieder zu einem „hopfomat!“-Ausruf führt: fruchtig, „mit Birne!“, so nehmen unsere Nasen den Duft wahr. Für den doch durchaus bemerkenswerten Gehalt kommt der Antrunk dann vollmundig und frisch daher, in der Rezenz halten sich angenehme Noten von Banane und Birne, bevor dann der anhängliche Nachtrunk feinherb ausklingt. Bei solch einem Tropfen löst sich das nebenher verfolgte Kreuzworträtsel einer führenden Wochenzeitung wie im Fluge, ich stelle fest, dass die Knabbergabe Lakritz immer noch so abartig schmeckt wie früher, und wir sind endgültig bereit für die Königsdisziplin: das Blind Tasting!
Phase 2: Blind durch Walhalla
Jetzt wird's ernst. Zur Blindverkostung führen wir uns alle probierten Sorten nochmals zu Gemüte, ohne jeweils zu wissen, um was es sich handelt. Dabei haben wir als Kontrast noch ein handelsübliches - aber in München ungebrochen populäres - Augustiner Helles untergemogelt. Die Aufgabe ist: Erkennen, was man vor sich hat, und dann noch eine Reihenfolge der Beliebtheit aufstellen.
In Reih und Glied stehen die sechs Gläser mit dem goldenen Saft vor uns und wir schauen, riechen und schmecken uns also nochmals durch die Brauereilandschaft und ziehen das Fazit: alle Sorten konnten einwandfrei lokalisiert werden. Sowas ist uns echt noch nie passiert! Das Augustiner fällt dazwischen als nahezu neutral sofort auf; schon optisch ist es ganz klar in der Runde zu unterscheiden, da keines der Wacken-Biere auch nur ansatzweise so durchsichtig ist! Zu intensiv sind die Geschmacksnoten der anderen Vertreter, als dass man sie mit dem guten alten August verwechseln könnte. Aber auch das blaue Weißbier mit seinem Rauchgeschmack und der Heimdall mit seiner Metbeimischung sind kaum zu verfehlen. Bei den anderen Tropfen wird es schon schwieriger, aber in der ihrer eigenen Kombinationen aus Fruchtigkeit und herben Abgang sind auch sie eindeutig zuzuordnen. Wir sind erstaunt und überrascht!
Zu guter Letzt sind wir uns dann sogar noch bei der Prämierung der Sieger einig: nach unserer, vollkommen willkürlichen Auslegung trägt der fruchtige Crafty Loki an diesem Abend die Lorbeeren davon, dicht gefolgt von dem als „nur noch fett“ gelobten Walküren-Schluck und dem süffigen Mjölnir – wobei selbstredend auch die anderen Kandidaten ihre Vorzüge haben. Nebenbei hängen wir dem guten alten Heimdall den Sonderpreis für Exotik an, da er doch etwas aus der Reihe fällt. Typischerweise würde man - wie in Craft-Bier-Kreisen üblich - ja nicht gleich eine ganze Kiste pro Abend vernichten (Das haben wir für euch natürlich gerne auf uns genommen), sondern in Ruhe einem Weinkenner gleich lange Zeit über einem Fläschchen sinnieren. Und genau dafür sind diese Biere ja auch gemacht! Genußtrinken ist hier die Devise. So ziehen wir denn auch gut gelaunt und mit der neuen Delain-Platte Moonbathers im Ohr den Schluss: bei Odin – wahrhaft sind dies Trünke würdig den Asen, für die es wert ist, mit den Frostriesen zu ringen! Und nachdem als kommende Attraktionen der neun Welten Hefeweizen, Double IPA, Julbock und mehr angekündigt sind, wiederholen wir gerne die Worte des Donnergottes: „I demand more of it!“